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Freitag, 23. Dezember 2022

Zähmt die Märkte!

Viele haben über Großbritanniens Premierministerin geschmunzelt, als die „Märkte“ ihren Steuerplänen einen Strich durch die Rechnung gemacht haben. In der Tat erschien die Idee Steuern für Spitzenverdiener zu senken und mehr Geld auszugeben aus der Zeit gefallen, dass jedoch die „Märkte“ dafür sorgten, ist beunruhigend. Victor Gojda fordert deshalb in der Süddeutschen Zeitung: "Zähmt die Märkte."

Die Macht der Märkte

Die Macht der Märkte haben schon einige zu spüren bekommen. Als Präsident Clinton 1993 ins Weiße Haus einzog, kletterten die Zinsen für US-Staatsanleihen kräftig, weil internationale Investoren einen Schuldenexzess fürchteten. Am Ende musste Clinton Wahlversprechen brechen und Steuererhöhungen durchdrücken. Die Märkte hatten eine demokratisch gewählte Regierung zum Buckeln gezwungen.
Auch während der Eurokrisen riefen die Nationen zur Räson. Auch wenn Kritik berechtigt ist, darf die Ideologie von Spekulanten nicht wichtiger werden als das demokratische Urteil eines Volkes. Statt Märkte zu dämonisieren, sollte die Politik die Märkte regulieren.

Grundlagen der Macht

Wenn Regierungen Schulden machen, haben Großanleger Angst um ihr Geld. Oft steigt die bei Ausgabeprogrammen die Inflation, was den Wert der Anleihenzinsen auffrisst. Die Profis verkaufen ihre Anleihen und verlangen von den Regierungen höhere Zinsen – so kann eine politische Kehrtwende erzwungen werden.

Kotau vor dem Kapital

Ausgerechnet die Konservative Partei, deren Idol Thatcher einst die Macht der Märkte mitbegründete, musste nun öffentlich Abbitte leisten.
Der neue britische Finanzminister machte die Steuererhöhung rückgängig und versprach die Schulden zu reduzieren. Kurz zuvor waren die Pläne gescheitert. Nach Ankündigung des Minibudgets stiegen die Zinsen für britische Staatsanleihen deutlich an. „Wenn sich Akteure außerhalb des politischen Institutionengerüsts allerdings anmaßen, genauer als Wähler oder Volksvertreter zu wissen, welche Finanzpolitik langfristig tragfähig und fruchtbar ist, dann läuft etwas schief“

Problem Zockerei

Die notwendige Regulierung sieht der Autor bei der Zockerei. Im Falle der Truss-Regierung hatten die Spekulationen von Pensionsfonds fast in den Abgrund gerissen und damit das Eingreifen der Notenbank notwendig gemacht.
Es sind aber nicht nur ruchlose Hedgefonds, die bei den Anleihen mitmischen:  Im Schnitt aller Euro-Länder gehören rund 20 Prozent der Staatsanleihen den Zentralbanken, weitere 20 Prozent den heimischen Bankinstituten, elf Prozent bei Investmentfonds, Versicherungen und Pensionsfonds, vier Prozent bei heimische Privatleute direkt, denen auch ein Großteil des Versicherungs- und Pensionsgeldes zugutekommt. Im Schnitt etwas mehr als 40 Prozent der europäischen Staatsanleihen wiederum liegen bei ausländischen Investoren, der zweifellos umstrittensten Gruppe.

Eine Europa-AG der Banken

An diesem Punkt setzt der Vorschlag Gojdas an. Zwar sind auch ausländische Investoren nicht nur auf Spekulationen aus, es gibt aber Risiken. In Anlehnung an die "Deutschland AG" könnten die europäischen Banken eine Art "Europa AG" formen, die sich im Zweifel an die Seite der Regierungen stellt und manche Spekulationsattacke abfedert. Vielleicht kein seligmachender Vorschlag, immerhin aber nimmt er die genaue Zusammensetzung der Anleiheanleger in den Blick - statt mantrahaft die Fiktion von "den Märkten" zu bedienen.

Freitag, 16. Dezember 2022

Arbeit ist mehr als das Gehalt

Roland Preuß bringt es in seinem Artikel in der Süddeutschen Zeitung auf den Punkt: Arbeit ist mehr als das Gehalt. Kurz nach dem der Sachverständigenrat eine höhere Belastung für Besserverdienende gefordert hat diskutiert Deutschland – richtig: Über die Empfänger von Grundsicherung, Schonvermögen und die Frage, ob Arbeiten gar nichts mehr wert ist.

Fragwürdige Beispielrechnungen

Selbst als das Institut für Weltwirtschaft Kiel die eigene Modellrechnung in Frage gestellt hatte, schimpften CDU-Politiker wie Carsten Linnemann, dass sich Arbeit nicht mehr lohne. Dabei zeigen Studien, dass Menschen, die arbeiten, in der Regel mehr Geld zur Verfügung haben als Menschen, die nur Hartz IV beziehen. Der simple Grund: Wer weniger verdient, hat ein Recht darauf, die Differenz vom Amt zu bekommen.

Angst vor dem schnellen Absturz nehmen

Am Anfang bekam das Projekt Bürgergeld breite Zustimmung. Während der Corona-Pandemie wurde der Zugang erleichtert. Auch die anderen Ideen erschienen plausibel:  es gibt zusätzlich Geld für eine Aus- oder Weiterbildung, der Vermittlungsvorrang, der Menschen bisher oft in Hilfsjobs zwang, fällt weg. Der Zwang eine kleinere Wohnung zu wechseln, der in vielen Großstädten ohnehin zum Scheitern verurteilt ist, sollte wegfalle, kurz: Man wollte gerade Menschen aus der Mittelschicht die Angst vor dem schnellen Absturz nehmen.

Braucht es die harte Hand des Staates?

Innerhalb kürzester Zeit waren alle Hilfsbezieher unter Verdacht, auf einmal war das Bürgergeld ein Verstoß gegen das Leistungsprinzip – man müsse diese Faulenzer mit harter Hand des Staates zu produktiver Tätigkeit bewegen. Auch Umfragen zeigten, dass die Kritiker des Bürgergelds mit ihren Thesen auf Zustimmung stießen, im Vermittlungsausschuss knickte die Bundesregierung in zentralen Punkten ein.

Eine Arbeit kann Sinn stiften

Studien zeigen, dass die große Mehrheit der Arbeitslosen wieder eine Arbeit finden wollen, denn es ist mehr als der Geldeingang auf dem Konto: Eine Stelle kann Sinn stiften, Freundschaften mit Kollegen eröffnen, Kontakte mit Kunden. Die Antwort auf Linnemanns Frage, ob Arbeit nichts mehr wert sei ist nach Ansicht des Autors klar zu beantworten: Offenbar doch, aber sie lässt sich nicht nur in Euro messen - und schon gar nicht in fragwürdige Rechenbeispiele pressen."

Donnerstag, 17. November 2022

Hat China immer einen Plan?

„Genau hinschauen“ fordert Florian Müller in der Süddeutschen Zeitung beim Thema China. Er bezweifelt, dass China die unabhängige Macht ist, die immer einen Plan hat.

China als Projektionsfläche

China war schon immer im besonderen Fokus. Angefangen von den Reiseberichten von Marco Polo und dem fortgeschrittenen Land, das als innovativ galt. Dem folgte der Abstieg im 10. Jahrhundert bis es in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts wieder als Land der unbegrenzten Möglichkeiten entdeckt wurde.

Chaotische Reaktionen auf beiden Seiten

In der Debatte um eine Entkoppelung reagiert Deutschland nicht immer konsistent: Ja zur Hafenbeteiligung, Nein zum Kauf einer alten Chipfabrik. Was denn nun?
Aber auch China verhält sich oft nur chaotisch: Ein Beispiel hierfür ist die Null-Covid-Strategie. Am Anfang als großer Erfolg gefeiert, ist es nun eine ausweglose Lockdown-Schliefe, die die Wirtschaft erdrosselt und die Bevölkerung schikaniert

Wirtschaftliche Reformen notwendig

Chinas Herausforderung sind lang: Die Ungleichheit ist für ein formal kommunistisches Land inakzeptabel hoch. Angesichts der Überalterung der Gesellschaft ist zudem eine Rentenreform zwingend angesagt. Statt lokale Firmen und Verwaltungen einfach machen zu lassen, kontrolliert Xi wieder stärker: Privatunternehmen werden eingeschränkt, Staatskonzerne verhindern Reformen. Hinzu kommen die Schuldenkrise und extreme Unterschiede beim Einkommen und Vermögen.

Xi ist ein Getriebener

Der Autor bezeichnet den Staatschef deshalb nicht als Allmächtigen, sondern als Getriebenen, der viele Probleme geerbt und neue geschaffen hat. Deshalb sollte Deutschlands genauer hinschauen, um schlüssige Antworten zu finden wie man mit China umgehen will: Was hält man von China, wo man will. Dies sollte in die China-Strategie einfließen, dass das Auswärtige Amt derzeit erarbeitet.

Donnerstag, 20. Oktober 2022

Wie die EU von China wirtschaftlich unabhängiger werden will

Hubert Wetzel beschreibt in der Süddeutschen Zeitung, wie sich die EU von China wirtschaftlich unabhängiger machen will.

Die EU-Kommission ändert die Strategie

Im Dezember 2020 hatten sich EU-Kommission mit China nach jahrelangen Verhandlungen auf ein Investitionsabkommen geeinigt hätten. Mittlerweile wurde das Verhalten Pekings immer problematischer. Das Abkommen ist auf Eis und die EU ändert die Strategie: Sie hat mehrere Gesetzesvorhaben angestoßen, um unabhängiger und robuster zu werden. Dazu zählten das Verbot, Produkte in die EU zu importieren, die mittels Zwangsarbeit hergestellt werden.

Eigene Herstellung fordern

Gleichzeitig möchte die EU Chinas Dominanz kontern, so soll die Herstellung von Computerchips in Europa deutlich gesteigert werden. Auch bei Seltenen Erden ist China dominant – hier sollen eigene Vorkommen erschlossen und politisch verlässlichere Lieferländer gesucht werden. 

Abkopplung wird nicht einfach – und wird nicht von allen gewünscht

China ist der größte Handelspartner der EU (und Deutschlands). 22 % aller EU-Importe stammen aus China, 10 % der Exporte gehen nach China – damit ist China Handelspartner Nummer 1, noch vor den USA und deutlich vor Russland. Besonders deutsche Unternehmen investieren Milliarden und machen dort auch Umsätze. Die Bundesregierung gehört damit auch zu den Bremsern, die die Chinapolitik nur vorsichtig ändern möchte. 

Freitag, 30. September 2022

Funktionieren Preisbegrenzungen?

Marc Beise geht in der Süddeutschen Zeitung der Frage nach, ob Preisbegrenzungen jemals funktioniert haben

Preisobergrenzen haben eine lange Geschichte 

Er zeigt auf, dass Preisobergrenzen schon im Römischen Reich gab. Auch in der Bundesrepublik gab es ein Preislimit für Trinkmilch. Und weil es sich um ein urstaatliches System handelt, wundert es nicht, dass es im real existierenden Sozialismus gang und gäbe war. Jüngstes Beispiel ist der Mietendeckel, der den stark steigenden Mieten Grenzen setzen sollte;

Freie Preise als Herzstück der Marktwirtschaft

Die Preisobergrenzen widersprechen der Marktwirtschaft, der den frei findenden Preis als Herzstück hat. Angebot und Nachfrage sollen dafür sorgen, dass Investitionen dorthin gehen, wo Geld benötigt wird, zum Beispiel im Wohnungsmarkt.
Deshalb könnten Preisobergrenzen negativ wirken: Wohnraum wird immer knapper, das Gas am Weltmarkt immer teurer oder die Suche nach alternativer Technik lohnt sich nicht

Bürger müssen bezahlen

Letztlich müssen Bürger die Kosten tragen - über höhere Steuern und geringere Ausgaben des Staates oder über weitere Schulden des Staates. Andererseits räumt der Autor auch ein, dass es sich bei der Gaspreisbremse um eine Notsituation handelt und den Bedürftigen hilft: Sie müssen jetzt weniger zahlen für ein dringend benötigtes Gut. Zum Beispiel für Gas in diesem Winter.

Montag, 8. August 2022

Droht eine Flut nationaler Schuldenkrisen?

Thomas Fischermann zeigt in der ZEIT wie verheerend die Auswirkungen der Inflation in Schwellenländern sein könnte – und wie China profitieren konnte.

Viele Staaten stehen vor der Überschuldung

Bereits jetzt stehen 60 Prozent der ärmsten Länder kurz vor der Überschuldung, aber auch in den sogenannten Schwellenländern steigt die Gefahr, z.B. in Argentinien oder Pakistan. In einigen Ländern kam es bereits zu gewalttätigen Protesten, zuletzt in Sri Lanka

Wer ist verantwortlich?

Viele Schwellenländer fühlen sich in Krisen mies behandelt. Sie erfüllen alle Auflagen von Internationalem Währungsfonds und privaten Gläubigern, das Geld fließt aber dennoch ab. Zwar sind die Länder an vielen Krisen der Vergangenheit nicht unschuldig, aktuell ist der Auslöser aber klar: Zentralbanken westlicher Staaten treiben die Leitzinsen in die Höhe, um Inflation in den Griff zu bekommen.

Schwellenländer hart getroffen

Die Schwellenländer bekommen die Krise gleich doppelt zu spüren: Häufig sind die in Dollar verschuldet, der durch die Geldpolitik gerade teurer wird. Außerdem haben sie größere Probleme günstig Kredite zu bekommen, da Investoren nun wieder in den USA und Europa Zinsen bekommen. Besonders schwierig ist die Situation für Länder, die teuer Heizstoffe oder Nahrungsmittel importieren müssen.

Im Falle von Staatspleiten drohen humanitäre Großprobleme

Durch die Corona-Krise war der globale Süden bereits zuvor hart getroffen. Dennoch schafften einige Länder Devisenreserven aufzubauen, um in Krisen intervenieren zu können. Dies wird nun schwieriger und könnte zu einem humanitären Großproblem werden - dann drohen Hungersnöte, frierende Menschen, Versorgungsengpässe.

Bedrohung für das Weltfinanzsystem

Auch die Stabilität des ganzen Weltfinanzsystems ist bedroht, vor allem wenn größere Schwellenländer und deren Banken betroffen sind.
Und eine weitere Gefahr steckt in solchen Situationen: dass nämlich eine Krise in den Schwellenländern die Stabilität des ganzen Weltfinanzsystems bedroht. Lokale Finanzkrisen haben sich immer mal wieder ausgeweitet, weil sie wichtige Banken oder Gläubiger in anderen Staaten in Schwierigkeiten brachten – oder weil sie Investoren so stark verunsicherten, dass die panikartig ihr Geld aus eigentlich sicheren Staaten abzogen.
Für die westlich geprägte Weltfinanzordnung besteht die Gefahr eines gewaltigen Reputationsschadens und dauerhaften Vertrauensverlustes, falls die heraufziehende Krise nicht ordentlich gemanagt wird. Das westliche Schuldenmanagement hat im globalen Süden ohnehin schon einen miserablen Ruf.

Es gibt Alternativen zum reichen Westen

Das Verhalten von Politikern und Finanzmanagern des Westens haben viele nicht vergessen, die mit ihren neoliberalen Konzepten das Unheil verschlimmerten. Entgegen westlicher Ideen haben sich Ländern wie Malaysia hingegen recht gut gegen die Krisen gewährt. Auch 2022 fühlen sich die Länder benachteiligt – und wenden sich Alternativen zu, z.B. China.
China vergibt in Geheimverträgen seit einigen Jahren hohe Kredite unter teilweise fragwürdigen Bedingungen. Aber auch der Westen verhält sich nicht immer transparent, auch weil die Interessen der Gläubigernationen auseinandergehen. Hinzu kommt, dass immer mehr private Investoren involviert sind und auch mitmischen.

Klares Verfahren für Staatsbankrotte notwendig

Bisher ist den Staaten nicht gelungen, allgemein verbindliche Verfahren für Staatsbankrotte zu etablieren. Der Westen wird die nächsten Schuldenkrise nicht allein stemmen können – auch hier geht es ohne China nicht. Bei Ecuador und Surinam ist eine Umschuldung gelungen. In beiden Fällen waren bei den Verhandlungen die Chinesen dabei – unbequem, selbstbewusst und einflussreich.

Samstag, 23. Juli 2022

Bleibt uns die (3-D)-Inflation erhalten?

Das ARD-Magazin Plusminus präsentiert in seiner Ausgabe drei Gründe, warum wir wohl auch langfristig mit steigenden Preisen rechnen müssen: die Demoskopie, die De-Karbonisierung und die De-Globalisierung.

Demographie – die Alterung der Gesellschaft

Die Menschen werden älter, es gibt schon jetzt in vielen Bereichen einen Fachkräftemangel in ganz unterschiedlichen Berufszweigen. Dieser Kampf um Mitarbeiter*innen wird mit steigenden Löhnen einhergehen und könnte damit dauerhaft ein Grund für Inflation sein.

De-Karbonisierung – weg von fossilen Brennstoffen

Die Zeit der vergleichsweisen günstigen und fossilen Brennstoffe ist vorbei. Dies ist spätestens seit dem russischen Überfall auf die Ukraine klar und wird schon aus Klimaschutzgründen notwendig sein. Der Wandel zu Klimaneutralität wird kosten – und damit ein Faktor für steigende Preise.

De-Globalisierung – der Trend zu nahen Produktionsstätten

Ein ebenso durchaus wünschenswerter Effekt ist die Rückkehr vieler Unternehmen zu heimischen Produktionsstätten und zur Lagerhaltung. Bereits die Corona-Krise hat gezeigt, dass die Abhängigkeit von weltweiten Lieferungen riskant ist, auch hier bestätigt der Ukraine-Krieg den Trend.

Alle drei Ds sind zumindest teilweise positiv zu bewerten, d.h. eine gewisse Preissteigerung bleibt uns wohl erhalten und ist in „normalen“ Zeiten nicht so schlimm.

Freitag, 22. Juli 2022

Die Anstalt zur Inflation – und Friedrich Merz

Sie ist wieder da – die Inflation und die Debatte über geeignete Maßnahmen. In der Satire-Sendung Die Anstalt wurden die Positionen von Friedrich Merz. Er steht sinnbildlich für klassische Aussagen über die Inflation, die nicht (mehr) zutreffend sind.

Wachsende Geldmenge und Inflation

In der Sendung wird Friedrich Merz mit dem Satz zitiert: Je niedriger Zinsen, desto höher Schulden, desto höher Inflation. Nicht nur er verweist auf die Ursache für die Inflation, dass die Europäische Zentralbank in den letzten Jahren den Markt mit Geld geflutet hat.
Dies geschieht allerdings schon seit Jahren, ohne dass die Inflation gestiegen ist – im Gegenteil 2020 drohte sie sogar ins Minus zu kippen.
Entscheidend ist die Umlaufgeschwindigkeit, also die Frage, ob das Geld auch als Nachfrage wirksam wird.

Schulden und Inflation

Auch der Zusammenhang zwischen Schulden und Inflation ist nicht so eindeutig, wie Friedrich Merz diesen darstellt. Es gibt Länder mit einer gigantischen Verschuldung und niedriger Inflation – z.B. Japan und Länder mit einer geringen Verschuldung, aber einer sehr hohen Inflation – die Türkei wird hier als Beispiel genannt. Die bestehende Verschuldung ist also nicht das Problem, zusätzliche Schulden könnten jedoch zur Inflation führen.

Konsumausgaben sind rückläufig

Eine weitere klassische Annahme zur Inflation – die Preise steigen wegen hoher Nachfrage – stimmt in der aktuellen Krise nicht. Die Konsumausgaben sind sogar zurückgegangen. Die Ursache für die steigenden Preise lassen sich im Moment darauf zurückführen, dass das Angebot zu knapp ist. Sieht man von den Energiekosten ab, ist die Kerninflation nicht stark gestiegen. Für die Bürger*innen ist dies gar kein oder nur ein schwacher Trost, die Frage ist aber dennoch, ob die Leitzinserhöhungen bei der Inflationsbekämpfung wirklich helfen oder gar die Wirtschaft in eine Rezession stürzen könnte.

Faktencheck

Wie bei jeder Sendung gibt es einen Faktencheck. Verwiesen wird auf die Süddeutsche Zeitung, die Friedrich Merz einen gefühlten Wirtschaftsexperten nennt. 
Das Dezernat Zukunft bietet Informationen zur Verschuldung und den Konsumausgaben
Über die Gefahren einer Leitzinserhöhung berichtet die Tagesschau

Donnerstag, 21. Juli 2022

Utopia – bekommen wir ein Über-Universum?

Die spannende Dokumentation Utopia von Angela Andersen und Claus Kleber wirft einen kritischen Blick auf aktuelle Entwicklungen rund um das Silicon Valley.
 

Zukunftsthemen werden verbunden

Themen, die wir bisher meist isoliert voneinander sehen – künstliche Intelligenz, verdrahtete menschliche Gehirne aus reiner Mathematik geborene Krypto-Währungen, Aussiedlung von Menschen auf andere Planeten - sind Hebel im Ringen um die Herrschaft in dieser zukünftigen Ordnung. Die Vernetzung von Algorithmen, Gen- und Gehirnforschung und milliardenfacher digitaler Kommunikation wird noch viel mächtigere Wirkung haben.

Einfluss der Visionäre auf Menschen

Mit diesen Entwicklungen verbunden sind mächtige Akteure wie Elon Musk oder Mark Zuckerberg. Ihr Glaube an den technischen Fortschritt und ihre Ziele beeinflussen das Leben von Milliarden Menschen.
Zu Wort kommen Kritiker wie der Historiker Fred Turner, der vor allem die Metaversum-Visionen von Mark Zuckerberg als große Gefahr sieht. Ähnlich sieht es Jaron Lanier, der sogar die Menschheit in Gefahr sieht. Andere Interviewpartner verweisen auf die Chancen, so Tav Shande, der künstliche Stadtwelten erbaut und damit die Trennlinie zwischen Virtualität und Realem immer mehr auflöst.

Gegensteuern durch die Politik

Die Politik ist nicht machtlos gegen diese Allmachtphantasien. Die Vizepräsidentin der EU-Kommission und Ressortchefin für Digitale Zukunft Margrethe Vestager hat sich mit Zähigkeit und mit Milliarden-Strafen auch in Washington und Silicon Valley Respekt verschafft. Und auch der US-Kongress hat reagiert und schaut den Techgiganten genauer auf die Finger.

Dennoch hinterlässt die Dokumentation ein beklemmendes Gefühl, denn die Akteure haben schon oft bewiesen, dass sie ihre Visionen konsequent umsetzen.
 

Donnerstag, 23. Juni 2022

Das Ende des Welthandels?

In einem Essay in der Süddeutschen Zeitung beschreibt Nikolaus Piper das Ende des Welthandels. Durch Corona und den Ukraine-Krieg befürchtet er ein Auseinanderbrechen in mehrere Blöcke – keine gute Aussicht.

Globalisierung als Naturkraft?

Der Grad der Globalisierung bemisst sich beim Anteil des Handels am weltweiten Bruttoinlandprodukts. Von 16,7 % 1986 stieg der Anteil auf 31 % - Bill Clinton bezeichnete die Globalisierung als Naturkraft wie Wind und Wasser.
In den letzten Jahren ging diese Quote zurück: erst die Finanzkrise, dann die Corona-Krise, die zeigte, dass die Abhängigkeiten gefährlich werden können, wenn z.B. Medikamente oder Masken fehlen.

Kein Wandel durch Handel mehr?

Der Ukraine-Krieg versetzte nicht nur der Globalisierung einen weiteren Schlag, sie rüttelt auch an der Idee, dass man mit Ländern gewinnbringend Handel treiben kann, mit denen die Werte nicht übereinstimmen. Das seit den 70er Jahre geprägte Ziel „Wandel durch Handel“ gilt bei Russland und China nicht mehr: Russland ist nun der Feind und auch die Abhängigkeit zu China wird zunehmend kritisch gesehen.

Diversifizierung statt Deglobalisierung

Die Aussicht auf die Deglobalisierung findet Piper aber erschreckend. Der letzte Versuch die eigenen Volkswirtschaften zu schützen begann nach dem 1. Weltkrieg und endete mit der Katastrophe des 2. Weltkriegs. Die Öffnung der Gesellschaften nach dem 2. Weltkrieg hat zu Wohlstand, aber auch Verständnis geführt. Piper betont, dass dies auch nicht möglich sein wird. Selbst wenn die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen sinkt, Rohstoffe wie Lithium für Batterien wird weiter gebraucht.

Statt Hyperglobalisierung eine bessere Globalisierung?

Piper hat die Hoffnung auf eine Globalisierung der Gleichgesinnten. Die Lieferengpässe lassen sich nicht mit Autarkie, sondern mit Diversifizierung lösen – also mehr Lieferanten, sodass der Ausfall eines nicht so schlimm wäre. Bei elementaren Bereichen wie der öffentlichen Gesundheit oder nationalen Sicherheit muss die Globalisierung zurückstehen. Piper ist skeptisch, ob das so kommt, denn US-Präsident Biden setzt wie sein Vorgänger auf Protektionismus. „Offenbar wird der Übergang zu einer neuen, besseren Globalisierung nicht ohne Streit zu haben sein“.


Mittwoch, 8. Juni 2022

Wie viel Schulden kann sich Deutschland leisten?

In einem Artikel in der Süddeutschen Zeitung geht es um den wachsenden Schuldenberg und die Folgen

Schulden können sinnvoll sein

Hier gilt die goldene Regel: Investitionen darf man auch über Kredite finanzieren die laufenden Konsumausgaben nicht
Das Geld kommt durch die Ausgabe von Staatsanleihen aus, die von Zentralbanken, Fonds und Privatinvestoren gekauft werden. Über die Hälfte kommt aus Deutschland, d.h. Millionen Bundesbürger leihen dem Staat Geld.
Grenzen gibt es fast keine: Die Schuldenbremse im Grundgesetz erlaubt Kreditaufnahmen im Umfang von 0,35 %. Im Moment gibt es heftige Debatte, ob die Schuldenbremse wieder eingehalten werden soll.

Zahlt der Staat seine Schulden zurück?

Wer eine Bundesanleihe erwirbt, erhält sein Geld zurück. Oft nimmt der Staat aber weitere Schulden auf, um die Schulden zurückzuzahlen. Die Schulden gehen nie auf Null – müssen sie auch nicht. Je mehr Wirtschaftsleistung eine Gesellschaft hat, desto höher können die Schulden sein. Deutschland hatte Ende 2021 Schulden in Höhe von 2,3 Billionen, dies entspricht einer Quote von 69 %- Im Vergleich zu anderen Staaten ist diese Quote moderat

Ausnahmen zur Schuldenbremse

Die Schuldenbremse kann im Falle von „Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituation2n“ ausgesetzt werden. Dies ist während der Corona-Krise geschehen, also die Neuverschuldung 130 Mrd. (20209, bzw. 215 und 140 Mrd. in den Folgejahren betrug.

Folgen für die nächsten Generationen

Die Finanzierung öffentlicher Investitionen kann generationengerecht sein – eine zu hohe Schulden-last kann durch immer höhere Zinsen problematisch sein. Es kann aber auch zu wenig Verschuldung geben – wenn wir nichts investieren z.B. in eine klimaneutrale Zukunft könnte der Planet unbewohnbar werden.

Staatsverschuldung sind wichtig für die private Altersvorsorge

Ohne Staatsschulden hätten Bürger und Unternehmen kaum Möglichkeit ihr Geld anlegen. Sie bringen wenig Rendite, sind aber sicher.
Die Inflation reduziert kurzfristig die Zinslast, langfristig werden die Kosten der Tilgung durch die erhöhten Zinsen höher.

Donnerstag, 26. Mai 2022

Wer soll die Zeitenwende bezahlen?

Mark Schiertz fragt in einem Artikel in der ZEIT, wer für die Zeitenwende bezahlen muss.  

Logik der bisherigen Großkrisen funktioniert nicht mehr

In der Finanz-, Flüchtlings- und Corona-Krise hat der Staat versucht, drohende Wohlstandsverluste durch staatliche Ausgleichszahlen wettzumachen. Energie war zu lang zu billig. Wenn jetzt der Staat Geld ausgibt, haben die Menschen zwar mehr Geld, aber nicht mehr Energie.

Kritik am Gießkannenprinzip

Schiertz kritisiert das Gießkannenprinzip bei der geplanten Benzin-Subventionierung. Nur für kleine Einkommen sollte es einen Ausgleichgeben, wer viel verdient, sollte verzichten. Auch die Aufnahme von Schulden hält er für den falschen weg: Schulden sind in Ordnung, wenn mit dem geliehenen Geld eine Schule gebaut wird. Oder eine Brücke. Wenn also Werte geschaffen werden, die dazu beitragen, dass die aufgenommenen Kredite bedient werden können.

Steuern erhöhen oder Ausgaben kürzen

Um Spielraum im Haushalt zu schaffen fordert Schiertz eine politische Entscheidung. Eine Erhöhung der Steuern, die eher Menschen mit mehr Geld trifft oder Ausgabenkürzungen, von denen in der Regel ärmere Menschen belasten. Die Regierung macht nichts: „Die SPD will nicht kürzen und die FDP keine Steuern erhöhen. Aber die Zeitenwende hat ihren Preis. Die Frage, wer ihn bezahlt, wird die politische Auseinandersetzung dieses Jahrzehnts prägen.“

Mittwoch, 25. Mai 2022

Was macht die Inflation mit der Gesellschaft?

Bastian Brinkmann berichtet in der Süddeutschen Zeitung   über die überraschend guten Seiten der Inflation.

Die Inflation gerät außer Kontrolle, weil zu viele daran glauben 

Preiserhöhungen können sich gegenseitig hochschaukeln. Wenn zu viele Menschen glauben, dass die Inflation zu hoch wird, kann genau dies passieren.

Ein bisschen Inflation ist gut

Das sagt nicht nur der Ökonom James Tobin, sondern auch viele Zentralbanken haben eine leicht steigende Inflation als Ziel. Sie sorgt wie eine unsichtbare Ölkanne dafür, dass die Marktwirtschaft wie geschmiert läuft. Sie sorgt dafür, dass Löhne nicht sinken, auch wenn es von der Logik in einzelnen Branchen notwendig wäre.

Überraschend gute Folgen der Inflation

Für Brinkmann verliert die Inflation etwas an Schrecken, wenn man die einzelnen Komponenten anschaut. Aufgrund der Corona-Pandemie und des Ukraine-Kriegs ist Energie deutlich teurer geworden. Die Preise haben auch einen volkswirtschaftlichen Zweck, die Menschen ändern ihr Verhalten, fahren weniger Auto und sparen Energie. Wenn die Energiepreise wieder sinken, könnten wir wieder bei niedrigeren Inflationsraten landen: Die Inflation würde wieder im Dunkeln verschwinden, um ihren Job zu erledigen.

Sonntag, 10. April 2022

Der Rubel-Kurs steigt – wirken die Sanktionen nicht?

Ein tolles Erklärvideo der Süddeutschen Zeitung erklärt, warum der Kurs des Rubels steigt, wie Russland dies schafft und warum Sanktionen trotzdem nicht vergebens sind.

Russische Strategien

Um den Wert des Rubels zu steigern, versucht die russische Regierung die Nachfrage nach Rubel zu erhöhen und die Nachfrage nach anderen Währungen zu verringern. Mit den vier Strategien hatte Russland durchaus Erfolg:

Verkaufsstopp für Fremdwährungen

Die eigenen Bürger dürfen Fremdwährungen nicht mehr verkaufen, d.h. sie behalten die Rubel und kaufen Sachwerte, beides stützt die Wirtschaft

Energiezahlungen in Rubel

Wer Gas von Russland bezieht, muss Euro oder US-Dollar in Rubel umtauschen lassen, auch das steigert die Nachfrage nach Rubel. Zwar verweigert sich der Westen diesem Prozedere, allein die Ankündigung des Verfahrens hat der Währung aber einen Schub gegeben

Inoffizielle Devisenverkäufe

Eigentlich steht die Zentralbank unter Sanktionen und kann den Rubel offiziell nicht stützen. Über russische Banken, die immer noch im Austausch mit internationalen Banken sind, gelingt der Zentralbank dies aber inoffiziell.

Verkaufsverbot für russische Aktien

Ausländer dürfen russische Aktien nicht verkaufen. Dies ist ein wichtiger Effekt, bedenkt man, dass rund 80 % der russischen Aktien Ausländern gehören

Sanktionen dennoch nicht sinnlos

Dennoch haben Sanktionen eine Wirkung, denn der Kurs wird nur kurzfristig geschönt. Faktisch ist der Kurs in anderen Ländern auch niedriger, da man eben nicht in die Zukunft der russischen Wirtschaft glaubt. Ein weiterer Indikator sind die eingebrochenen Importe, die für die Wirtschaft nötig sind, auch der Ölverkauf ist zurückgegangen.

Samstag, 26. März 2022

Der Kapitalismus als Opfer der aktuellen Krisen?

Andrian Kreye beschäftigt sich in seinem Artikel in der Süddeutschen Zeitung mit den wirtschaftlichen Folgen der Krisen: Ist der Kapitalismus ein Opfer?

 

Verschärfung durch den Krieg

Die Kornkammer in Flammen, leere Regale in Supermärkten, 2,4 Milliarden Menschen, die sich nicht ausreichend ernähren können. Der Ukraine- Krieg wird die seit Jahren anhaltende Krise der Welternährung weiter verschärfen.
 

Vielfältige Gründe

Kreye beschreibt strukturelle Gründe für die Krise: Die Abhängigkeit von Erdöl und Düngemittel, die Marginalisierung von Kleinbauern oder die Produktion von Biodiesel. Dies könnte dazu führen, dass der Weltmarkt und der Globalisierung nicht nur der Auslöser, sondern auch das Opfer dieser Zeit werden könnte: Die Wertschöpfungs- und Lieferketten sind seit Covid aus der Balance geraten, mit katastrophalen Folgen für das Welternährungssystem

Reform oder Katastrophe?

In dieser Mehrfachkrise aus Covid und Kriege könnte zu einer Katastrophe führen: Gesellschaften werden instabiler, Missernten. Dies könnte zum Ende des globalen Kapitalismus führen. Noch bleibt Zeit für eine Reform.

Sonntag, 20. Februar 2022

Unser Gesundheitssystem ist krank

Werner Bartens geht in der Süddeutschen Zeitung mit unserem Gesundheitssystem hart ins Gericht: Dieses System ist krank. Schuld daran ist der Profitwahnsinn in der Medizin. Er widerspricht dem penetranten Selbstlob, dass Deutschland gut durch die Krise gekommen ist.

Kosten werden sozialisiert, die Gewinne privatisiert

Für Barents ist das deutsche Gesundheitssystem vollkommen heruntergewirtschaftet. Statt sich um die Daseinsfürsorge zu kümmern, ist es zu einem Industriezweig verkommen – einem sehr umsatzstarken.
Kliniken müssen Gewinne erwirtschaften, unrentable Abteilungen werden geschlossen, nicht lukrative Kranke sollen sich woanders auskurieren. Zurecht vermerkt er, dass bei Polizei und Feuerwehr niemand fordern würde, dass diese Gewinne machen sollen. Durch die Privatisierung gibt es eine Umverteilung von Geld aus dem Solidarsystem zur Vermehrung der Gewinne von Aktionären.

Patienten sind die Opfer

Wenn Chefärzte für Masse bezahlt werden, sind die Patienten die Opfer. Dass viele oft gut behandelt werden, liegt letztlich an der Selbstausbeutung von Ärzten und Pflegepersonal
Eine Ursache ist die Fallpauschale: Pro Diagnose bekommt das Krankenhaus eine bestimmte Summe. Es gibt also einen Anreiz weitere Diagnosen zu codieren, Kranke werden kränker gemacht als sie sind – oder „blutig entlassen“ Eine weitere Absurdität - Sonderzahlungen für viele Operationen. „Da kann die die Entscheidung für oder gegen einen Eingriff schon mal einseitig positiv ausfallen“

Es fehlen Leute, die pflegen und trösten

In Krankenhäusern sind neue Jobs entstanden: Codierfachkräfte, Hygienefachkräfte und Qualitätssicherer. Sie sorgen für viele Prüfplaketten, dafür fehlen Menschen, die anderen Menschen pflegen, trösten und ihnen beistehen.

Ein Haus würde zusammenbrechen

Bartens bringt einen interessanten Vergleich zum Hausbau, bei dem die Handwerker für jede Steckdose oder Wasserhahn behalt werden. Das Haus enthielte zu viele Steckdosen und schränke zum dreifachen Preis – und würde zusammenkrachen, obwohl die Handwerker bestens ausgebildet sind – und sie würden keine Mitarbeiter finden.

Freitag, 11. Februar 2022

Das Pflegedesaster

Eine Dokumentation der Reihe ZDF Zoom beschäftigt sich mit der schwierigen Situation bei der Pflege: Zu viel Belastung, zu wenig Geld und Personal. Viele der Probleme bestehen seit Jahren, die Corona-Pandemie macht es endlich für alle sichtbar.

Verschärfung durch Corona

Die Situation in der Pflege hat sich durch die Corona-Pandemie weiter verschärft. Einige befürchten, dass die Situation durch die Impfpflicht Mitte März noch verschärft werden können. Präsentiert werden aber auch Beispiele, bei denen Einrichtungen bereits jetzt nur Geimpfte arbeiten lassen und es nur wenige Kündigungen gab.

Vielfältige Lösungsansätze

In deutschen Kliniken fehlen schon jetzt 50.000 Pflegekräfte, 2030 werden es über 60.000 sein. Schon jetzt sind Klinken und Pflegeeinrichtungen kreativ, um Beschäftigte zu halten oder neue zu bekommen. Es gibt Kopfprämien, werben Fachkräfte aus dem Ausland oder heuern Leasingfirmen an. Diese dürfte es eigentlich gar nicht geben, so der Leiter einer Zeitarbeitsfirma.

Bessere Arbeitsbedingungen

Bei Zeitarbeitsfirmen finden viele Pfleger*innen bessere Arbeitsbedingung. Auch für eine Krankenpflegerin wäre auch durch deutlich mehr Geld nicht zu halten gewesen. Dennoch ist die Bezahlung ein wichtiger Faktor: einerseits um die bereits tätigen Pfleger*innen besser zu entlohnen, andererseits um den Beruf dauerhaft attraktiv zu machen. Das Problem wird auf jeden Fall bleiben: es wird mehr Menschen geben, die Pflege benötigen, gleichzeitig werden viele Pfleger*innen in Ruhestand gehen.

Video

Einen Teil der Dokumentation gibt es auf dem Youtube-Kanal von ZDFheute

Freitag, 21. Januar 2022

75 Jahre Globalisierung

Ein Blick auf 75 Jahre Globalisierung bietet ein Artikel in der ZEIT. 1947 beschließen 23 Staaten das Welthandelsabkommen GATT, 1999 wurde dann die Welthandels-organisation WTO gegründet. In Seattle kam es auch zu Ausschreitungen durch die Anti-Globalisierungs-Bewegung. Spätestens mit Donald Trump ist der Zweifel an der Globalisierung an oberen Stellen angekommen, ein weiterer Rückschlag gab es durch die Corona-Krise.

Hoffnung auf Wohlstand

Die Welthandelsorganisation stand für eine enge Verzahnung der Volkswirtschaften und die Hoffnung auf Wohlstand. Geplant waren regelmäßige Treffen, um weitere Handelshindernisse abzubauen.

Immer mehr Handelsabkommen

Forscher befürchteten sei eine "Spaghettischüssel" voller Einzelverträge zwischen Ländern und Regionen. Wer Globalisierung und Wohlstand für alle wolle, müsse das innerhalb der WTO machen. Das Gegenteil ist passiert, gab es 1994 noch 38 Handelsabkommen, waren es Anfang 2022 sind es schon 354.

Die WTO verliert an Bedeutung

Nicht zuletzt dadurch verlor die Welthandelsorganisation an Bedeutung. 2001 wurde China Mitglied, hielt sich aber nicht an die Regeln: Die Staatsführung manipulierte die Währung, betrieb Technologiediebstall und subventionierte strategische Branchen. Donald Trump drohte mit dem Austritt und begann mit Handelskriegen gegen China und der EU:

Freiwillige Globalisierungsclubs

Ökonomen schlagen Mini-Abkommen und Globalisierungsclubs vor – bei denen aber nur mitmacht, wer will. Die WTO stellt dabei den Rahmen und Raum zur Verfügung, wenn sich Mitglieder beispielsweise auf Standards für den handels-erleichternden Datenschutz im Internet einigen möchten.

Sonntag, 9. Januar 2022

Metaverse: Die bizarren Träume und was daraus werden kann

Es klingt wirklich bizarr – das Leben in einen gemeinsamen virtuellen Raum, trotzdem gilt es als das nächste Megageschäft. 
Meta steht für jenseits, der Begriff wurde durch einen Science-Fiction-Roman bekannt und es klingt auch so. Metaversum können User die Welten mitgestalten und dort „leben, lernen, arbeiten und feiern“. Es ist auch schwer zu verstehen, aber ein Artikel im SPIEGEL hat mir etwas geholfen.

Rollentausch als Reiz der Sache

Es ist wohl eher etwas für Gamer, die sich bereits unter Phantasienamen in einer virtuellen Welt bewegen – sie schlüpfen in eine Rolle und spielen dort. Ullrich Fichtner schreibt in einem Essay über die Zukunft unserer Kinder: "Wer Kindern und Jugendlichen schon einmal länger beim »Fortnite«- oder »Minecraft«-Spielen zugesehen hat, weiß, dass die neue Welt des Metaversums kommt, weil sie sich in den Köpfen junger Menschen heute im Prinzip längst dreht."

Neue Identität annehmen

Jeder Nutzer kann eine neue Identität annehmen, jede Nutzerin an mehreren Orten gleichzeitig sein. Ein Leben, das so echt wirkt wie das reale – mit dem Vorteil, dass es komplett kontrollierbar scheint. Physischer Realität und virtuellem Leben verschmelzen in einer digitalen Parallelwelt: Man sieht nicht nur Inhalte – man ist mitten drin, Menschen können als Avatare arbeiten, Konzerte besuchen, miteinander spielen, Schon 2003 hatten technikbegeisterte Computerspielfans mit „Second Life“ die Idee für ein zweites, virtuelles Leben. – letztlich ohne Erfolg.

Es bleiben Zweifel

Nicht nur wegen des Scheiterns bleiben Zweifel. Bankanalysten fragen in einer Analyse, welches Problem das Metaversum für Hunderte Millionen Menschen lösen soll?«, schreiben die Bankanalysten in einem aktuellen Report. Shoppen, Streamen und Spielen könne man auch im heutigen Internet.

Zuckerberg glaubt an die Idee

Mark Zuckerberg glaubt an die Idee. Er hat nicht nur sein Unternehmen in Meta umbenannt, der Verkauf Virtueller Brillen ist bereits jetzt ein wichtiger Geschäftszweig. Er möchte Internetplattformen verknüpfen: Nutzer sollen sich ohne Hürden im Internet bewegen und auch in dieser Welt will er eine entscheidende Rolle spielen.