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Dienstag, 17. März 2020

Die schlechten Seiten der Globalisierung oder der Traum von einem neuen Sozialismus

Schon vor der Corona-Krise war die Globalisierung in der Kritik. Jetzt sehen viele die Chance oder die Notwendigkeit gekommen, um das ganze System in Frage zu stellen. In dieser Presseschau stelle ich drei Artikel vor.

Kehrt sich die Globalisierung auf?

Der SPIEGEL zeigt auf, dass sich bereits vor der Corona-Krise der Welthandel nicht mehr angestiegen ist. Die Politik wird dominiert von einem protektionistischen US-Präsident, China, das zwar nach außen den Freihandel hochhält, aber sich nach innen abschottet und Zweifel in vielen Staaten der Welt. Auch die Wirtschaft hat Lieferketten durch die Produktion in der Nähe der Absatzmärkte verkürzt – eine – in der Corona-Krise schmerzliche – Ausnahme: die Pharmaindustrie, die die Produktion wichtiger Medikamente nach Indien und China verlagert hat.

Der Markt regelt das nicht

Die Überschrift sagt alles: Jule Govrin glaubt nicht den Markt. Sie befürchtet im Gegenteil einen "Krisen-Kapitalismus", in dem Politik und Wirtschaft den Schockzustand über die Effekte der Epidemie ausnutzen könnten, um noch radikalere Privatisierungsmaßnahmen durchzusetzen. Dies könnte zu einer Umverteilung führen, wie es bisher bei jeder Krise der Fall war – wohlgemerkt einer Umverteilung von unten nach oben.
Sie fordert „Solidaritätspolitiken, deren erstes Handlungsmotiv die Gesundheit der Gesellschaft und nicht die Gesundheit der Wirtschaft verfolgt. Die Alternative zur unbedingten Marktfreiheit besteht in der Besinnung auf das globale Gemeinwohl.“

Chance für einen neuen Sozialismus

Oliver Nachtwey sieht in der Vollbremsung des Kapitalismus eine „Chance für einen neuen Sozialismus“. Die Vollbremsung des Kapitalismus konzentriert sich aber nur auf bestimmte Branchen und Berufe. Viele Beschäftigte werden nach Hause geschickt, aber die Sektoren Gesundheit, Pflege, Logistik und Einzelhandel sind unverzichtbar für die tägliche Erhaltung der Gesellschaft. Auch mit einem weiteren Punkt trifft Nachtwey einen wunden Punkt - beim Gesundheitssektor. Jetzt wird deutlich, dass die Ausrichtung am Markt im Gesundheitswesen Teil des Problems ist. Es gibt zu wenig Personal, zu wenig Ausrüstung, zu geringe Notfallkapazitäten. Die Pharmaunternehmen haben aufgehört zum SARS (und nebenbei auch zu Antibiotika) zu forschen, da die erwartete Marge zu gering ausfällt. Nicht mehr folgen kann ich ihm bei der Schlussfolgerung: „Ein Infrastruktursozialismus könnte für diese Aufgabe aber ebenfalls nützlich sein.“

Dienstag, 10. März 2020

Die guten Seiten der Globalisierung

Durch die Corona-Krise ist auch die Globalisierung wieder ins Gerede kommen. Mit den vielen Kritikpunkten, die es schon vorher gab, werde ich mich in einem weiteren Eintrag auseinandersetzen – heute geht es um die guten Seiten.

Internationaler Handel kann gut sein

Internationaler Handel ist wichtig – gerade für ein exportorientiertes Land wie Deutschland. Neben den wirtschaftlichen Vorteilen kann man die sogenannten nicht-wirtschaftlichen Vorteile nicht hoch genug einschätzen, salopp übersetzt: Wer Handel miteinander triebt, schlägt sich nicht die Köpfe ein
Es ist kein Zufall, dass die Annäherung der Europäer/innen nach dem zweiten Weltkrieg über den Handel lief. Auch bei der Bestrafung oder Belohnung von Ländern kommen zuerst wirtschaftliche Maßnahmen ins Spiel: durch Sanktionen oder die Aufnahme von Wirtschaftsbeziehungen als "Belohnung". 

Globalisierung lässt sich nicht zurückdrehen

Niklas Piper zeigt in der Süddeutschen Zeitung, dass sich die Globalisierung auch nicht so einfach zurückdrehen lässt.

Er verweist darauf, dass internationale Arbeitsteilung wichtig ist, gerade bei der Bekämpfung der aktuellen Pandemie. Auch in anderen Bereichen kann man die Produktion nicht einfach zurückholen, gerade für deutsche Unternehmen ist das auch nicht sinnvoll: "Viele Produkte deutscher Maschinenbauer sind so spezialisiert, dass es für sie nur einen Weltmarkt oder aber gar keinen Markt gibt."

Eine andere Form der Globalisierung

Viele Autoren fordern eine andere Art der Globalisierung. Gut gefällt mir die Idee von Bernd Ulrich: Weniger Austausch von Waren, aber ideelle Globalisierung, also Austausch von Wissen und Werten. Ähnlich argumentiert der Philosoph Slavoj Žižek: Europa muss vereint sein! Nicht einfach durch offene Grenzen, sondern in wirtschaftlichen Fragen einig, in der Landwirtschaft und so weiter. Wir müssen unsere Aktivitäten mehr denn je koordinieren!"

Hier sehen Sie den Beitrag aus der ARD-Sendung Titel – Thesen -Temperamente, bei dem neben den beiden genannten Autoren noch weitere Aspekte aufgezeigt werden. Den Bericht finden Sie auf der Homepage von Titel, Thesen, Temperamente

Sonntag, 1. März 2020

Ökonomie in der Corona-Krise: Mehr Staat, weniger Markt?

Mark Schieritz beschreibt in der ZEIT eine interessante Entwicklung: Die Corona-Krise führt zu mehr Staat und weniger Markt. Zukünftige Herausforderungen können aber nur durch private Initiative und staatliche Interventionen bewältigt werden.

Kollektive Krisen als Zeit sozialer Reformen

Schieritz zeigt, dass Katastrophen Reformen vorangetrieben hab „Auf die Pest folgte die ersten Sozialgesetzte, auf die Cholera Kanalisationen, nach dem 1. Weltkrieg folgte der Sozialstaat". Bereits seit längerer Zeit verschiebt sich die ökonomische Debatte, bereits vor der Pandemie warnten viele Akteure und Organisationen vor wachsender Ungleichheit und dem Klimawandel.  

Der Staat ist wieder gefragt

Diese Entwicklung hat sich durch die Pandemie verstärkt: Was vor kurzem noch unter Sozialismus-Verdacht stand wird plötzlich möglich. In den USA möchte Biden die Staatsausgaben und den Mindestlohn massiv erhöhen, in Deutschland befürworten selbst FDP-Wähler eine höhere Besteuerung von Einkommen. Selbst Ökonomen, die vor allem auf den Markt setzen, wünschen sich nun eine größere Rolle für den Staat.

Private Initiative und staatliche Interventionen

Schieritz betont, dass dies private Initiativen nicht ausschließt – im Gegenteil: private Initiative, staatliche Intervention, soziale Gerechtigkeit und ökonomische Effizienz können sich ergänzen. Als Beispiele nennt der die Impfstoffhersteller, die durch Forschungsgelder unterstützt werden und die Apollo-Mission, die Menschen zum Mond gebracht hat. Auch zukünftige Herausforderungen können nur gemeinsam erreicht werden: „Die Mondfahrten unserer Zeit sind nun der Klimawandel und die Vorbereitung auf die nächste Pandemie.“