Roland Preuß bringt es in seinem Artikel in der Süddeutschen Zeitung auf den Punkt: Arbeit ist mehr als das Gehalt. Kurz nach dem der Sachverständigenrat eine höhere Belastung für Besserverdienende gefordert hat diskutiert Deutschland – richtig: Über die Empfänger von Grundsicherung, Schonvermögen und die Frage, ob Arbeiten gar nichts mehr wert ist.
Fragwürdige Beispielrechnungen
Selbst als das Institut für Weltwirtschaft Kiel die eigene Modellrechnung in Frage gestellt hatte, schimpften CDU-Politiker wie Carsten Linnemann, dass sich Arbeit nicht mehr lohne. Dabei zeigen Studien, dass Menschen, die arbeiten, in der Regel mehr Geld zur Verfügung haben als Menschen, die nur Hartz IV beziehen. Der simple Grund: Wer weniger verdient, hat ein Recht darauf, die Differenz vom Amt zu bekommen.
Angst vor dem schnellen Absturz nehmen
Am Anfang bekam das Projekt Bürgergeld breite Zustimmung. Während der Corona-Pandemie wurde der Zugang erleichtert. Auch die anderen Ideen erschienen plausibel: es gibt zusätzlich Geld für eine Aus- oder Weiterbildung, der Vermittlungsvorrang, der Menschen bisher oft in Hilfsjobs zwang, fällt weg. Der Zwang eine kleinere Wohnung zu wechseln, der in vielen Großstädten ohnehin zum Scheitern verurteilt ist, sollte wegfalle, kurz: Man wollte gerade Menschen aus der Mittelschicht die Angst vor dem schnellen Absturz nehmen.
Braucht es die harte Hand des Staates?
Innerhalb kürzester Zeit waren alle Hilfsbezieher unter Verdacht, auf einmal war das Bürgergeld ein Verstoß gegen das Leistungsprinzip – man müsse diese Faulenzer mit harter Hand des Staates zu produktiver Tätigkeit bewegen. Auch Umfragen zeigten, dass die Kritiker des Bürgergelds mit ihren Thesen auf Zustimmung stießen, im Vermittlungsausschuss knickte die Bundesregierung in zentralen Punkten ein.
Eine Arbeit kann Sinn stiften
Studien zeigen, dass die große Mehrheit der Arbeitslosen wieder eine Arbeit finden wollen, denn es ist mehr als der Geldeingang auf dem Konto: Eine Stelle kann Sinn stiften, Freundschaften mit Kollegen eröffnen, Kontakte mit Kunden. Die Antwort auf Linnemanns Frage, ob Arbeit nichts mehr wert sei ist nach Ansicht des Autors klar zu beantworten: Offenbar doch, aber sie lässt sich nicht nur in Euro messen - und schon gar nicht in fragwürdige Rechenbeispiele pressen."