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Mittwoch, 29. November 2023

Schuldenbremse: In solchen Zeiten spart man nicht - man investiert

 Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts wird wieder über die Schuldenbremse geestritten. Vivien Timmler argumentiert in der Süddeutschen Zeitung „In solchen Zeiten spart man nicht - man investiert“.

Einhaltung der Schuldenbremse hätte katastrophale Folgen

Timmler argumentiert, dass der Staat künftigen Generationen Kredite hinterlassen darf: „Besser jedenfalls als kaputte Brücken, marode Schulen und lahmes Internet.“ Die Schuldenbremse ist kein Wert an sich, das Festhalten wäre ein Fehler. Die deutsche Wirtschaft ist in Gefahr, der überfällig Umbau des Landes verzögert sich.

Deutschland hat ja gar kein Schuldenproblem

Deutschland kann sich das leisten: Die Schuldenquote des Staates betrug im vergangenen Jahr 66,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts; geringer war sie in keinem Land der G7. Künftige Generationen haben nichts von der Einhaltung der Schuldenbremse, wenn sie durch den Klimawandel der Freiheit beraubt werden, überhaupt Entscheidungen über ihren Lebensstil zu treffen.
China und die USA schieben den Umbau mit Milliardensummen an, Deutschland erlaubt 0,35 % des Bruttoinlandsprodukts. „Die Schuldenbremse ist ein Werkzeug, um vom Rest der Welt abgehängt zu werden.“

Die Schuldenbremse muss reformiert werden  

Die Autorin wendet sich auch gegen das Feiern der „schwarzen Null“. Das Ergebnis: bröckelnde Brücken, marode Schulen und Krankenhäuser, langsames Internet, kaum grüne Energien.
Kurzfristig fordert sie ein Sondervermögen über Zukunftsinvestitionen zu ermöglichen, mittelfristig braucht es eine grundlegende Reform: Das 0,35 % Limit ist völlig willkürlich. IN Maastricht wurden 3 % als Ziel gesetzt – der Bund könnte dann ein Vielfaches der aktuellen Schulden machen.

Disziplin ist eine Tugend – Einsicht aber auch

Die Zweidrittelmehrheit für Änderungen ist nicht in Sicht, denn neben der FDP stellt sich auch die CDU quer. Merz stellt sich quer, in seiner Partei bröckelt es: „Will er wirklich derjenige sein, der den von der großen Koalition verursachten und von der Ampel ignorierten Investitionstau ausbaden muss? Disziplin ist eine Tugend; Einsicht aber auch.

Dienstag, 7. November 2023

US-Staatsanleihen: Das große Beben

Heike Buchter analysiert in der ZEIT die Bedeutung von Staatsanleihen. Sie gelten als sichere Finanzanlagen, aber es gibt die Angst, dass sich die USA überschulden.

1. Was sind Staatsanleihen?

Staatsanleihen sind Schuldenpapiere von Staaten. Regierungen leihen sich auf die Weise Geld am Finanzmarkt. Wer Staatsanleihen erwirbt, gibt dem ausgebenden Staat ein Darlehen. Im Gegenzug erhält der Gläubiger über die gesamte Laufzeit jährliche Zinsen und am Ende den geliehenen Nominalbetrag zurück. Inzwischen sind US-Staatsanleihen in einem Volumen von 26 Billionen Dollar auf dem Markt.

2. Warum sind US-Staatsanleihen so bedeutend?

Da niemand davon ausgeht, dass die US-Regierung ihre Schulden nicht zurückzahlt, gelten amerikanische Staatsanleihen als sicherer Hafen. Die Zinsen richten sich weltweit nach ihnen - praktisch als Ausgangswert. Sie sind das Fundament des weltweiten Finanzsystems. Andere Unternehmen und Staaten müssen entsprechend höhere Zinsen zahlen.

3. Was passiert gerade am Markt für US-Staatsanleihen?

Im Moment ist der Markt in Aufruhr. Die Rendite nähern sicher der Fünf-Prozent-Marke, 2007 folgte später die Finanzkrise.
Da immer weniger Investoren in US-Anleihen investieren, sinken deren Preise, die Rendite steigt. Auf dem Sekundärmarkt schwankt der Preis, wer unterhalb des Nennwerts kauft, profitiert mehr. Fallen also die Preise für Anleihen, steigen die Renditen für Investoren, die neu zugreifen. Das passiert gerade bei den US-Staatsanleihen.

4. Hat das Beben am US-Anleihemarkt Folgen für Unternehmen und Arbeitnehmer in Deutschland?

Während sich Investoren über höhere Gewinne freuen, haben Unternehmen höhere Finanzierungskosten. Auch die Kosten von Hypothekendarlehen können steigen. Dadurch könnten auch Unternehmer und Arbeitnehmer in Deutschland betroffen sein.

5. Wie konnte es so weit kommen?

Eine eindeutige Erklärung gibt es nicht. Eine Theorie lautet, dass ausländische Notenbanken sich neuerdings zurückhalten. Bisher sind Japan mit 1,1 Bio. und China mit 805 Mrd. Dollar die grö0ten Gläubiger. Außerdem fällt die US-Notenbank als Käufer aus. Bis vor kurzem hat sie aus geldpolitischen Gründen Staatanleihen gekauft, aufgrund der Inflation hat sie diese Aufkäufe eingestellt.

6. Haben die USA ihren Kredit verspielt?

Eine weitere Erklärung: Die USA könnten ihr Kreditlimit überzogen haben. Bislang gab die stetig wachsende Nachfrage nach den Anleihen der US-Regierung die Möglichkeit, immer mehr Geld auszugeben, ohne zu sparen oder Steuern zu erhöhen. Die US-Präsidenten Trump und Biden haben viel Geld ausgegeben, die Staatseinnahmen bleiben weit zurück. Im abgelaufenen Fiskaljahr stieg das Haushaltsdefizit deshalb auf 1,7 Billionen Dollar, so der Rechnungshof des Kongresses. Es kommen immer mehr Anleihen auf dem Markt – bei geringerer Nachfrage könnten die Preise steigen. Daher dürfte der wichtigste Grund sein, der das Beben ausgelöst hat: die Sorge, dass die USA sich zu überschulden drohen.

7. Was passiert im schlimmsten Fall?

Die Folge von allem wäre eine weltweite Rezession. Steigen die Schulden, muss Jahr für Jahr mehr Geld für deren Bezahlung aufgewendet werden – und es bleibt weniger Geld für Infrastruktur, Gesundheit, Bildung übrig. Die Zahlungsunfähigkeit der USA lässt sich zwar ausschließen, da die führende Wirtschaftsnation der Welt immer Dollar drucken kann. Dies hätten allerdings Geldentwertung und eine noch höhere Inflation zur Folge. Aber auch dieses Szenario ist gefährlich: Es droht dann im schlimmsten Fall eine Finanzkrise wie im Jahr 2008, deren Folgen bis heute zu spüren sind.