Thomas Fischermann zeigt in der ZEIT wie verheerend die Auswirkungen der Inflation in Schwellenländern sein könnte – und wie China profitieren konnte.
Viele Staaten stehen vor der Überschuldung
Bereits jetzt stehen 60 Prozent der ärmsten Länder kurz vor der Überschuldung, aber auch in den sogenannten Schwellenländern steigt die Gefahr, z.B. in Argentinien oder Pakistan. In einigen Ländern kam es bereits zu gewalttätigen Protesten, zuletzt in Sri Lanka
Wer ist verantwortlich?
Viele Schwellenländer fühlen sich in Krisen mies behandelt. Sie erfüllen alle Auflagen von Internationalem Währungsfonds und privaten Gläubigern, das Geld fließt aber dennoch ab. Zwar sind die Länder an vielen Krisen der Vergangenheit nicht unschuldig, aktuell ist der Auslöser aber klar: Zentralbanken westlicher Staaten treiben die Leitzinsen in die Höhe, um Inflation in den Griff zu bekommen.
Schwellenländer hart getroffen
Die Schwellenländer bekommen die Krise gleich doppelt zu spüren: Häufig sind die in Dollar verschuldet, der durch die Geldpolitik gerade teurer wird. Außerdem haben sie größere Probleme günstig Kredite zu bekommen, da Investoren nun wieder in den USA und Europa Zinsen bekommen. Besonders schwierig ist die Situation für Länder, die teuer Heizstoffe oder Nahrungsmittel importieren müssen.
Im Falle von Staatspleiten drohen humanitäre Großprobleme
Durch die Corona-Krise war der globale Süden bereits zuvor hart getroffen. Dennoch schafften einige Länder Devisenreserven aufzubauen, um in Krisen intervenieren zu können. Dies wird nun schwieriger und könnte zu einem humanitären Großproblem werden - dann drohen Hungersnöte, frierende Menschen, Versorgungsengpässe.
Bedrohung für das Weltfinanzsystem
Auch die Stabilität des ganzen Weltfinanzsystems ist bedroht, vor allem wenn größere Schwellenländer und deren Banken betroffen sind.
Und eine weitere Gefahr steckt in solchen Situationen: dass nämlich eine Krise in den Schwellenländern die Stabilität des ganzen Weltfinanzsystems bedroht. Lokale Finanzkrisen haben sich immer mal wieder ausgeweitet, weil sie wichtige Banken oder Gläubiger in anderen Staaten in Schwierigkeiten brachten – oder weil sie Investoren so stark verunsicherten, dass die panikartig ihr Geld aus eigentlich sicheren Staaten abzogen.
Für die westlich geprägte Weltfinanzordnung besteht die Gefahr eines gewaltigen Reputationsschadens und dauerhaften Vertrauensverlustes, falls die heraufziehende Krise nicht ordentlich gemanagt wird. Das westliche Schuldenmanagement hat im globalen Süden ohnehin schon einen miserablen Ruf.
Es gibt Alternativen zum reichen Westen
Das Verhalten von Politikern und Finanzmanagern des Westens haben viele nicht vergessen, die mit ihren neoliberalen Konzepten das Unheil verschlimmerten. Entgegen westlicher Ideen haben sich Ländern wie Malaysia hingegen recht gut gegen die Krisen gewährt. Auch 2022 fühlen sich die Länder benachteiligt – und wenden sich Alternativen zu, z.B. China.
China vergibt in Geheimverträgen seit einigen Jahren hohe Kredite unter teilweise fragwürdigen Bedingungen. Aber auch der Westen verhält sich nicht immer transparent, auch weil die Interessen der Gläubigernationen auseinandergehen. Hinzu kommt, dass immer mehr private Investoren involviert sind und auch mitmischen.
Klares Verfahren für Staatsbankrotte notwendig
Bisher ist den Staaten nicht gelungen, allgemein verbindliche Verfahren für Staatsbankrotte zu etablieren. Der Westen wird die nächsten Schuldenkrise nicht allein stemmen können – auch hier geht es ohne China nicht. Bei Ecuador und Surinam ist eine Umschuldung gelungen. In beiden Fällen waren bei den Verhandlungen die Chinesen dabei – unbequem, selbstbewusst und einflussreich.