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Samstag, 26. März 2022

Der Kapitalismus als Opfer der aktuellen Krisen?

Andrian Kreye beschäftigt sich in seinem Artikel in der Süddeutschen Zeitung mit den wirtschaftlichen Folgen der Krisen: Ist der Kapitalismus ein Opfer?

 

Verschärfung durch den Krieg

Die Kornkammer in Flammen, leere Regale in Supermärkten, 2,4 Milliarden Menschen, die sich nicht ausreichend ernähren können. Der Ukraine- Krieg wird die seit Jahren anhaltende Krise der Welternährung weiter verschärfen.
 

Vielfältige Gründe

Kreye beschreibt strukturelle Gründe für die Krise: Die Abhängigkeit von Erdöl und Düngemittel, die Marginalisierung von Kleinbauern oder die Produktion von Biodiesel. Dies könnte dazu führen, dass der Weltmarkt und der Globalisierung nicht nur der Auslöser, sondern auch das Opfer dieser Zeit werden könnte: Die Wertschöpfungs- und Lieferketten sind seit Covid aus der Balance geraten, mit katastrophalen Folgen für das Welternährungssystem

Reform oder Katastrophe?

In dieser Mehrfachkrise aus Covid und Kriege könnte zu einer Katastrophe führen: Gesellschaften werden instabiler, Missernten. Dies könnte zum Ende des globalen Kapitalismus führen. Noch bleibt Zeit für eine Reform.

Donnerstag, 19. August 2021

Die Kosten der Corona-Lockdowns

In einer Analyse in der ZEIT beschäftigt sich Annika Joeres mit den Kosten der Lockdowns. Während man die wirtschaftlichen Folgen in Zahlen ausdrücken kann, bleibt bei den sozialen Kosten nur die These, dass sie sehr hoch sind.

Was haben die Lockdowns gebracht

Der Lockdown sollte Infektionen verhindern, um die Anzahl an Todesopfern und Krankenhauspatienten zu senken. Dem gegenüber stehen Kollateralschäden für Wirtschaft aber auch das gesellschaftliche Zusammenleben.
Die wirtschaftlichen Zahlen sind eindeutig: 5,1 % Rückgang des BIP, 275 Milliarden neue Schulden, was die Schuldenquote von 60 auf 70 % erhöht hat. Das Beispiel Schweden zeigt, dass es wohl auch ohne Lockdown zu einem wirtschaftlichen Rückgang gekommen wäre: Die Menschen schränkten ihre Aktivitäten wie Restaurantbesuche freiwillig ein. Umstritten und wohl kaum zu beziffern ist, wie viele Menschenleben durch die Lockdowns gerettet wurden.

Die sozialen Kosten

Auch bei den sozialen Kosten ist die Bilanz nicht eindeutig. Einerseits war die Schließung der Schulen eine effiziente Methode zur Eindämmung der Pandemie, andererseits kommen neben den Bildungsrückständen psychische Folgen: Psycholog*innen und Psychiater*innen werden förmlich überrannt. 

Langzeitfolgen des Long Lockdown

Zusammengefasst ist eine exakte Benennung der Kosten schwierig. Die Probleme werden uns noch lange beschäftigen und betreffen nicht nur Menschen, die tatsächlich an den Spätfolgen von Covid leiden. Eine Untersuchung von Jugendlichen zeigte, dass viele Kinder unter Konzentrationsschwäche, Müdigkeit und Kopfschmerzen leiden – unabhängig davon, ob sie tatsächlich eine Corona-Erkrankung durchgemacht hatten oder nicht
Für eine angemessene Betrachtung der Folgen der Pandemie und ihrer Bekämpfung wie für die künftige Politik tut offenbar eine neue Kategorie zur Bewertung not: Long Lockdown.

Wer bezahlt die Schulden?

In einer Dokumentation der Reihe ZDF.zoom machen die Autoren den Kassensturz und fragen: Wer muss die Rechnung bezahlen? Alle Steuerzahler, nur Superreiche – oder die junge Generation?

Die Summe ist gewaltig – die Kosten für die Bekämpfung der Corona-Pandemie werden auf rund 500 Milliarden geschätzt. Das Ziel, die Folgen abzufedern hat sich durchaus gelohnt: Arbeitsplätze wurden erhalten, Unternehmen wurden gerettet.

Enorm sind aber auch die Schulden. Zur Frage, wer diese bezahlt, werden in der Dokumentation unterschiedliche Positionen: Finanzminister Scholz setzt neben Wachstum auf eine Vermögenssteuer, der Ökonom Lars Feld setzt auf Ausgabenkürzungen. Interessant auch der Millionär Michael Horbach der sagt „Wir Reichen sind mal wieder dran“. Ein Mitglied des Jugendrats der Generationen befürchtet, dass es letztlich die junge Generation sein wird.

Die ganze Doku finden Sie in der ZDF-Mediathek, einen Teil davon auf dem ZDF-Kanal auf YouTube:

Donnerstag, 8. Juli 2021

Ende des Corona-Lockdowns: Das neue Wachstum

Lisa Nienhaus beschäftigt sich in der ZEIT mit dem neuen Wachstum nach Ende des Corona-Lockdowns.
 

Die Wirtschaft wächst wieder

Es geht bergauf: Dank Exporte geht es der Industrie schon länger besser, nun dürfen auch Geschäfte und Restaurants endlich wieder öffnen. Manche ziehen bereits Vergleiche zu den Roaring Twenties nach dem 1. Weltkrieg oder dem Wirtschaftswunder in den 1950er Jahren

Das Wachstum ist zurück: Frisch, glänzend, verheißungsvoll

Während des Lockdowns hofften viele auf dauerhafte Veränderungen: weniger fliegen, weniger Auto fahren, Urlaub daheim und Millionen im Homeoffice. Andererseits waren viele Milliarden vom Staat nötig, um das Leben halbwegs am Laufen zu halten, das Wachstum ist zurück: Frisch, glänzend, verheißungsvoll. Und die Lehre aus Corona scheint eher keine neue Verzichtsbereitschaft zu sein, sondern eine neue Wachstumssehnsucht und Freiheitsdrang: Lasst uns jetzt machen, was wir wollen, bitte schön!

Die Klimawende als Geschäftsmodell?

Dennoch kann es nicht so bleiben wie es ist – der Klimawandel bedroht unser Leben und damit auch das Wirtschaftsmodell.
Zurecht fragt Nienhaus, ob die Menschen bereit sein werden, notwendige Mehrkosten zu übernehmen. Sie betont aber auch die Chancen, wenn Firmen grüne Technologien erfinden, weiterentwickeln und zum Geschäft machen

Mit viel Geld zu klimaschonendem Konsum?

Neuhaus verweist auf die Politik von Joe Biden, der auch auf Schulden setzt, um Bürger und Firmen zu klimaschonendem Verhalten zu bringen. „Es ist ein Weg, den die Menschen vermutlich erst einmal besser verkraften. Aber es ist ein teurer Weg. Will man ihn gehen, braucht man umso mehr etwas, das verhindert, dass die steigenden Schulden irgendwann das Land erdrücken. Genau, da ist es wieder: das Wachstum.“

Freitag, 18. Juni 2021

Wirtschaftspolitik in Zeiten der Corona-Krise

Die Landeszentrale für politische Bildung hat in ihrer Reihe „Deutschland und Europa“ eine interessante Broschüre zu den Folgen der Corona-Krise veröffentlicht

Wirtschaftspolitik in Zeiten der Corona-Krise

Im Heft 80-2020 geht es um die wirtschaftspolitischen Folgen, u.a. die Folgen für den Euro und Globalisierung, die Bedeutung des Klimawandel. Über die Seite der Landeszentrale können Sie die Broschüre bestellen oder als PDF herunterladen
Die Broschüre hat folgende Artikel  

  • Die Corona-Krise als DIE zentrale Herausforderung - Ralf Engel
  • Die Corona-Krise: Ökonomische Ursachen, Folgen und Maßnahmen – ein Überblick -  Gustav Horn
  • Systemrelevant und schlecht bezahlt: Unverzichtbare Care-Berufe in Zeiten von Corona - Babara Thiessen
  • Mit mehr Klimaschutz aus der Krise? - Gregor Jaschke, Miriam Dross, Claudia Kemfert
  • Die EZB in der Corona-Krise: Die geldpolitische Reaktion - Jürgen Schaaf
  • Von der Corona-Krise zur Krise im Euroraum? - Markus Demary
  • Die Corona-Krise: Ende der Globalisierung? - Karl-Heinz Paqué

Mittwoch, 10. März 2021

Kommt jetzt die Inflation?

Schon seit vielen Jahren prophezeien einige Experten, dass nun die Inflation kommt. In den letzten Jahren kam diese nicht, obwohl bereits seit der Finanzkrise die Geldmenge massiv ausgeweitert wurde.

Kommt die Inflation dieses Mal?

Seit der Corona-Krise haben die Zentralbanken die Geldmenge nochmals erhöht. Die Staaten haben billionenschwere Rettungspakte beschlossen, sodass manche eine Überhitzung der Konjunktur befürchten.
Charles Goodhart glaubt, dass früher oder später die Alterung der Gesellschaft die Preise treiben wird, weil es zugespitzt formuliert weniger Junge (die produzieren) und mehr Alte (die konsumieren) geben wird

Rückkehr der Geißel

Auch der SPIEGEL befürchtet eine steigende Inflation und macht dies an der rasanten Steigerung der Geldmenge fest. Sie nennen mehrere Faktoren, die sich gegenseitig verstärken und die Prise treiben. Auch der Staat fungiert als Preistreiber: Die Mehrwertsteuer wurde nach sechsmonatiger Absendung zu Beginn des Jahres wieder auf den regulären Satz erhöht, hinzu kommt die Steigerung der Spritpreise durch die CO2-Steuer. Auch Rohstoffe haben sich verteuert.
Ein Grund für die niedrigen Inflationsraten war die Globalisierung – der Zurückgang dieser könnte ein weiterer Faktor sein.

Nur keine Angst

Harald Freiberger mahnt in der Süddeutschen zur Gelassenheit. Neben den bereits genannten Gründen sieht er auch den kommenden Nachholbedarf als weitere Triebkraft. Aber dieser Effekt dürfte nachlassen, sodass nach einer Übergangsphase „wenig Inflation, kaum Zinsen, ein freundliches Klima für Sachwerte wie Immobilien und Aktien. Er verweist auf ein anderes Problem: Das Geld auf dem Sparbuch liegen zu lassen, war und bleibt ein Minusgeschäft – daran wird sich nichts ändern.

Freitag, 20. November 2020

Corona-Krise - Die große Spaltung

Die Bundesregierung hat den Betroffenen der Corona-Krise großzügige Hilfe versprochen. Durch die bereits geleistete Hilfe konnten Unternehmen gerettet und die Einkommensverluste vieler Menschen begrenzt werden. Dennoch droht eine Spaltung, wie Helena Ott in einem Kommentar für die Süddeutsche Zeitung ausführt.

Gutverdienter sparen, Geringverdiener von der Pleite bedroht

Ott verweist auf den großen Unterschied zwischen Gut- und Geringverdienern: "Während Gutverdiener jetzt unfreiwillig jeden Monat mehr ansparen - die Sparquote hat sich gegenüber 2019 fast verdoppelt - reißen Kurzarbeit, Arbeitsplatzverlust und eingefrorene Selbständigkeit riesige Löcher in die monatlichen Budgets von Geringverdienern."
Minijobber, Leiharbeiter und Beschäftigte in der Gastronomie waren und sind am härtesten betroffen – bei vielen von ihnen kommt die bisherige Hilfe nicht an.

Gezielt Geringverdienern helfen

Ott fordert deshalb gezielte Hilfen, damit sich die Schere zwischen Arm und Reich nicht noch mehr öffnet. Dabei geht es um mehr: "Auf individueller Ebene geht es um die Würde von Millionen Privatpersonen. Aber auch die gesamtgesellschaftliche Sicht ist entscheidend: Ökonomische Ungleichheit treibt die gesellschaftliche Spaltung voran".

Samstag, 20. Juni 2020

Rettungsmaßnahmen - wie kann der Staat zu Geld kommen?

In diesem Blogeintrag geht es um die immer größer werdenden Rettungspakete und Schulden – und Ideen, wie der Staat zu Geld kommen könnte.

Rettungspakete und Ausfälle werden immer größer

Mit einem Konjunkturprogramm über 130 Mrd. hat die Bundesregierung in dieser Woche ein deutliches Zeichen gesetzt. Bereits zuvor waren Hilfspakete in der Höhe von 350 Milliarden beschlossen worden. Dazu kommen Garantien im Umfang von 800 Milliarden für Unternehmen.
Auf der anderen Seite wird mittlerweile erwartet, dass das Steuereinkommen um 316 Milliarden geringer ausfallen können. Zusätzlich wird es auch auf europäischer Ebene ein Rettungspaket, das nach aktuellen Vorschlägen der Kommission einen Umfang von 750 Milliarden haben wird. 

Schulden, Wachstum und weniger Subventionen

Unter dem Titel „Kommt Deutschland jemals wieder raus aus den Schulden?“ berichtet der SPIEGEL über die Positionen von Deutschlands bekanntesten Ökonomen. War Peter Bofinger jahrelang Außenseiter, sind sich mittlerweile fast alle einig: Zur Bekämpfung der Folgen der Pandemie müssen Schulden aufgenommen werden. Uneinig sind sich die Experten aber, ob und wann die Schulden zurückgeführt werden sollten. Unterschiedliche Meinungen gibt es auch in der Frage, ob Wachstum ausreicht, um die Schuldenquote schnell wieder zurück zu fahren. Gabriel Felbermayr hinterfragt die 200 Milliarden Subventionen und Steuerprivilegien „Da liegt viel Geld auf der Straße, das man einsammeln kann.“ 

Hier liegt ein Schatz

Die Süddeutsche nennt sechs Ideen, wo noch Geld zu holen ist.  Der größte Posten ist hier das Vermögen der Geldwäscher, das auf bis zu 4,2 Billionen geschätzt wird. Durch das Einfrieren von Konten könnte sich der Staat hier einiges holen. Auch in Immobilien steckt viel Schwarzgeld. Die Autoren fordern dem Beispiel Italiens zu folgen und hier stärker zu beschlagnahmen.
Die weiteren Vorschläge betreffen Steuern: auf den Devisenhandel, der täglich (!) einen Umfang von 6 Billionen hat sowie die Bekämpfung von Steuertricks und Steueroasen.
Ein vergleichsweise kleinerer Posten sind sog. nachrichtenlose Konten. Auf den Konten von Menschen ohne Erben schlummern weitere Milliarden, die bisher nach 30 Jahren den Banken zufließen.

Höhere Steuern und Vermögensabgabe

Die Bundesregierung hat überraschend angekündigt, die Mehrwertsteuer zumindest kurzfristig zu senken. Dennoch könnte es am Ende auf höhere Steuern hinauslaufen. Die SPD-Parteichefin Saskia Esken hatte eine Vermögensabgabe ins Spiel gebracht. Der wissenschaftliche Dienst des Bundestags bezweifelt, dass die Corona-Krise als Begründung für eine Vermögensteuer für reiche Bürger tauge. Die Süddeutsche Zeitung zitiert den Verfassungsrechtler Joachim Wieland, der eine einmalige Vermögensabgabe für möglich hält. Dies wird letztlich auch eine politische Frage sein. 

Sonntag, 14. Juni 2020

Rettungsmaßnahmen - wenn es schief geht

Die bisherigen Berichte über die Rettungsmaßnahmen waren eher optimistisch, bezogen sich aber vor allem auf Deutschland. Ein Blick auf andere Staaten Europas und der Welt sowie den Zustand der internationalen Bezeichnungen lassen Zweifel aufkommen.

Die Pandemie als Vorspiel zum ganz großen Crash

Der SPIEGEL zeichnet in der Geschichte „Die Zombie-Wirtschaft“ ein eher düsteres Bild: Die Autoren verweisen auf die Gefahr, dass sowohl die Schulden als auch die wirtschaftlichen Probleme nicht so schnell verschwinden: Unternehmen, denen das Geschäft wegbricht, müssen Kredite aufnehmen und Mitarbeiter entlassen. Bürger, die schon vor Corona hoch verschuldet waren, können dann ihre Darlehen nicht mehr bedienen. Für alle wird es schwieriger diese Schulden zu bedienen.
„Ist die Pandemie also nur das Vorspiel zum ganz großen Crash, zu einer Finanzkrise epochalen Ausmaßes, die Unternehmen, Banken und Staaten in den Abgrund reißt?“

Quälend lange Erholung

Claus Hulverscheidt hält die Hoffnung vieler Experten auf einen schnellen Aufwärtstrend für naiv.
Hauptleidtragende der Krise sind Frauen, Geringverdiener und soziale Randgruppen – ein Trend, der sich in den nächsten Monaten noch verstärken wird. Aber auch der Lebensstandard der Mittelklasse ist erneut in Gefahr – mit weitrechenden Folgen. Die Gefahr sieht er deshalb auch nicht am Virus selbst, sondern von Eiferern und Populisten. Einer der einflussreichsten ist Donald Trump. Seine Wiederwahl könnte in der Tat dem Nationalismus weltweit einen weiteren Schub geben.

Der zweite Virus heißt Nationalismus

Nicht nur Donald Trump, auch andere Regierungen haben zumindest zu Beginn der Krise erst mal nur an sich gedacht. In einer Kolumne im SPIEGEL bezeichnet Michael Sauga den Nationalismus als den zweiten Virus. Er verweist darauf, dass es während der Finanzkrise rege internationale Aktivitäten zur Überwindung der Krise gab, nun aber jeder für sich kämpft und teilweise auch gegeneinander kämpft. 

Skepsis ist angebracht

In Bezug auf die Zukunft unserer Gesellschaft betonte Bundespräsident Steinmeier, dass wir alleine entscheiden, nicht das Virus. Diese Aussage lässt sich auch auf die internationale Politik übertragen: durch Kooperation ließe sich die Krise schneller und besser überwinden. Dazu gibt es leider keine Anzeichen, denn nicht nur die Regierungen schauen nach sich, auch in vielen Bevölkerungen grassiert der Nationalismus.

Mittwoch, 10. Juni 2020

Rettungsmaßnahmen - sind wir bald pleite?

In einem Beitrag über die Rettungspakete hatte ich bereits über die Problematik der Schulden berichtet, heute möchte ich zwei weitere positive Berichte vorstellen – im nächsten Beitrag geht es dann aber um die Zweifler.

Schuldenmachen historisch günstig

Kurzfristig ist das Schuldenmachen kein Problem. Deutsche Staatsanleihen sind sehr begehrt, da sie als sichere Anlage gelten. Die Rendite für zehnjährige Staatsanleihen ist negativ, d.h. Deutschland muss in 10 Jahren weniger zahlen, als sie jetzt bekommen. Auch der Anstieg des Schuldenstands – von unter 60 % auf etwa 75 % des Bruttoinlandsprodukts - liegt noch unter der Höhe von 2009 und weit unter den Quoten anderer Staaten. Kurzfristig ist die Verschuldung kein Problem, wie sieht es mittel- und langfristig aus?

Wann sind wir pleite?

Mark Schieritz betont in der ZEIT angesichts der beginnenden Debatte über Obergrenzen, dass es eben nicht von der Schuldensumme abhängt, ob sich Deutschland die immer teurer werdenden Rettungsprogramme leisten kann.
  • Zinsen: Ob die Zinsen so niedrig bleiben, ist unklar, über längere Laufzeiten der Staatsanleihen könnte der Staat aber länger von den Niedrigzinsen profitieren.
  • Wachstum: Wie schnell die Wirtschaft wieder wächst, ist noch unklar. Viele Ökonomen erwarten, dass es zukünftig nicht mehr so steil nach oben geht.
  • Etatsaldo: Wenn der Staat wieder Haushaltsüberschüsse erwirtschaften kann, sinkt der Schuldenstand auch wieder.
Die Frage „Wann sind wir pleite?“ beantwortet Schieritz nicht, insgesamt klingt er aber optimistisch.
Auch wenn das Staatsdefizit derzeit rasant ansteigt – falls die Wirtschaft nicht komplett abstürzt und falls die Zinsen nicht deutlich steigen, dürfte sich die Staatsverschuldung auch ohne einschneidende Sparmaßnahmen oder Steuererhöhungen wieder unter Kontrolle bringen lassen.

Wie der Abstieg vom Schuldenberg gelingen kann

Alexander Hagelüken argumentiert in der Süddeutsche Zeitung ähnlich. Er sieht Auswege aus dem Dilemma und widerspricht den oft geäußerten Befürchtungen von Staatspleiten und Hyperinflation.
Er nennt die Finanzierungskosten, die entscheidender sind als die Größe des Schuldenbergs.
Wenn die Wirtschaft wieder wächst und Quote über den Zinsen liegt, werden die Schulden wieder schrumpfen – so wie in den letzten Jahren.

Und wenn es nicht so schnell geht? In meinem nächsten Beitrag geht es um ein eher negatives Szenario.

Donnerstag, 4. Juni 2020

Rettungsmaßnahmen - Was sollte der Staat (nicht) tun?

Im letzten Beitrag ging es um die Kritik an den Rettungsmaßnahmen. Aber was soll der Staat (nicht) tun? Hier präsentiere ich einige Antworten. 

Mal richtig zuschlagen

Mit den harschen Wörtern „Kriminell, unangebracht, dreist“ kritisieren Ingo Malcher und Marcus Rohwetter in der ZEIT das Verhalten vieler Gruppen – und die unzureichende Reaktion des Staates. Sie bemängeln, dass die wichtigen Hilfen in vielen Fällen missbraucht wurden und oft nur alte Forderungen aufgewärmt werden. Sie verlangen ein beherztes Eingreifen gegen die, die die Hilfe missbrauchen.

Der Staat muss sagen, wo es lang geht

Markus Brauck argumentiert im SPIEGEL ähnlich: Der Staat soll helfen – aber richtig.
Er fordert, dass der Staat die Bedingungen für „eine neue Form des Wirtschaftens“ schafft: Klimafreundlichen Konsum fordern, die Energie- und Verkehrswende voranbringen, die Industrie umbauen. „Der Weg dahin ist durch Corona nicht leichter geworden, sondern schwerer. Die verlorenen Jahre der Klimadebatte sind doppelt verloren.

So kann sich die Wirtschaft erholen

Die Wirtschaftsweisen empfehlen ein Konjunkturpaket, das vor allem dem Strukturwandel helfen soll. Die Experten warnen die Politik vor kurzfristigen Maßnahmen - eine Kaufprämie für Autos etwa lehnen sie ab. Sie fordern:
  • Die Ausweitung der Möglichkeiten zum steuerlichen Verlustrücktrag und -vortrag, dies soll Unternehmen in Not unterstützen und Anreize zu Investition geben. 
  • Die Reform der Energiepreise: eine Entlastung von Haushalten und Unternehmen bei „gleichzeitiger Behebung ökologisch fragwürdiger Verzerrungen“
  • Den Ausbau der Digitalisierung durch die Unterstützung von Weiterbildungsmaßnahmen (die Wirtschafsweisen nennen es „Bildung von Humankapital")

Dienstag, 2. Juni 2020

Rettungsmaßnahmen - Bekommen die Richtigen das Geld?

In den nächsten Blogeinträgen stehen die gigantischen Rettungspakete im Mittelpunkt. Hier geht es zunächst um die Frage, ob die Richtigen das Geld bekommen haben.

Von der Anerkennung zu scharfer Kritik

Gab es am Anfang eine große Zustimmung zu den beschlossenen Maßnahmen, regt sich jetzt Widerstand: einige fühlen sich bei den Hilfen übergangen, es gibt Betrugsfällen und den Vorwurf, dass die Falschen das Geld bekommen. Über diese Kritik berichten auch viele Medien.

Millionenverluste durch Betrug

"Millionen für die Falschen" betitelt die Süddeutschen einen Bericht über Betrug. „Die einzelnen Beträge wirken gering, aber in Summe sind sie gewaltig. Mal geht es um 9000 Euro an Soforthilfe, die in die falschen Hände gelangt sind, mal fällt ein Antrag auf 40 000 Euro Corona-Subventionen auf“. Besonders bitter, dass tatsächlich Betroffene für diesen Betrug missbraucht werden.

Staatshilfen für Steuervermeider

Scharfe Kritik gab es auch bei den Unternehmen, die trotz Milliardengewinnen Hilfen beantragt oder im Falle von Hilfen weiterhin Dividenden und Boni einsetzen. Einen besonders dreisten Fall hat der WDR und die Süddeutsche Zeitung ans Tageslicht gebracht. Sie fanden heraus, dass alle DAX-Unternehmen Tochterfirmen in Niedrigsteuerländern haben.

Die Corona-Festspiele der Lobbyisten

Aber auch jenseits finanzieller Forderungen nutzen Lobbyisten die Krise aus – oftmals mit Forderungen, die gar nichts mit der Krise zu tun hat. Der SPIEGEL nannte dies "Die Corona-Festspiele der Lobbyisten". Längst beschlossene Maßnahmen werden in Frage gestellt, v.a. die Rücknahme von Umweltauflagen – teilweise mit Unterstützung von Politiker*innen.
Besonders aufgefallen ist hierbei VW-Chef Deiss, der die Unterstützung des Staates forderte und erst ganz zum Schluss die eigenen Boni diskutieren möchte.

Samstag, 25. April 2020

Sind Schulden das Problem oder die Lösung der Krise?

Bereits vor der Corona-Krise haben Crashpropheten Konjunktur. Besonders Marc Friedrich und Matthias Weik sagen seit vielen Jahren das Ende des Euros und teilweise auch des ganzen Wirtschaftssystems voraus.

Sparschwemme statt Geldschwämme?

Marcel Fratzscher analysiert in seinem Gastbeitrag für den SPIEGEL, was an den Argumenten der Crash-Propheten dran ist. Ohne Frage ist die Überschuldung von Regierungen und Unternehmen tatsächlich ein großes Problem, was auch den Bankensektor verwundbar macht.
Statt einer Geldschwemme sieht Fratzscher aber „die viel zu hohen Ersparnissen von Bevölkerung und Unternehmen“ – auch die Deutschen sparen wie die Weltmeister. Hier treffen sich Überschul-dung und Geldschwemme: Die hohen Schuldenberge der einen können überhaupt erst dadurch zustande kommen, dass andernorts zu viel gespart wird.

Sind Schulden das Problem oder die Lösung der Krise?

Im SPIEGEL haben sich hat Marc Friedrich gleich zweimal zu einem Streitgespräch mit Peter Bofinger getroffen. Beim zweiten Gespräch fühlte sich Friedrich durch die Pandemie bestätigt. Immerhin waren sich die beiden einig, dass sich die jetzige Krise deutlich von der Finanzkrise unterscheidet, da praktisch die ganze Wirtschaft betroffen ist, inkl. vieler Firmen, die gut funktioniert haben und keine Finanzierungsprobleme hatten.
Das war es dann auch – während Bofinger die Aufnahme neuer Schulden die einzige Möglichkeit ist, um aus dem Schlamassel herauszukommen, sind sie für Friedrich die Ursache aller Probleme.

Fragwürdige Finanztipps der Crashpropheten

Schwer zu sagen, wer nun Recht hat. Mir fehlt das Selbstbewusstsein der beiden Herren, die wenig Verständnis für die andere Seite aufbringt. Was ich aber sagen kann, dass ich die Tipps der Crashpropheten für sehr fragwürdig halte. Dies gilt sowohl für die Finanztipps, z.B. den Vorschlag Bitcoins zu kaufen und wird durch die mäßige Performance der Fonds bestätigt, wie der Tagesspiel berichtete Wenn Crashpropheten selbst zu Bruchpiloten werden.

Absurde politische Forderungen 

Völlig absurd wird es bei den politischen Forderungen. Friedrich fordert die Abschaffung der „EU, EZB, all das, was zentralistisch und planwirtschaftlich fern der Menschen ist.“ Nach dem Brexit-Debakel haben viele rechte europäische Parteien die Forderung nach einem Austritt gestrichen – und Friedrich fordert genau das! Zurecht bezweifelt Bofinger, dass sich europäische Staaten international behaupten können. Gewagt finde ich auch, in dieser Zeit, in der wirklich alle nach dem Staat rufen, auf die Heilkräfte des Markts zu hoffen. Der wichtigste Grund bleibt aber politisch: Die Europäische Integration und die Zusammenarbeit hat uns mehr als 70 Jahre Friede gebracht – das dürfen wir nicht gefährden.

Dienstag, 17. März 2020

Die schlechten Seiten der Globalisierung oder der Traum von einem neuen Sozialismus

Schon vor der Corona-Krise war die Globalisierung in der Kritik. Jetzt sehen viele die Chance oder die Notwendigkeit gekommen, um das ganze System in Frage zu stellen. In dieser Presseschau stelle ich drei Artikel vor.

Kehrt sich die Globalisierung auf?

Der SPIEGEL zeigt auf, dass sich bereits vor der Corona-Krise der Welthandel nicht mehr angestiegen ist. Die Politik wird dominiert von einem protektionistischen US-Präsident, China, das zwar nach außen den Freihandel hochhält, aber sich nach innen abschottet und Zweifel in vielen Staaten der Welt. Auch die Wirtschaft hat Lieferketten durch die Produktion in der Nähe der Absatzmärkte verkürzt – eine – in der Corona-Krise schmerzliche – Ausnahme: die Pharmaindustrie, die die Produktion wichtiger Medikamente nach Indien und China verlagert hat.

Der Markt regelt das nicht

Die Überschrift sagt alles: Jule Govrin glaubt nicht den Markt. Sie befürchtet im Gegenteil einen "Krisen-Kapitalismus", in dem Politik und Wirtschaft den Schockzustand über die Effekte der Epidemie ausnutzen könnten, um noch radikalere Privatisierungsmaßnahmen durchzusetzen. Dies könnte zu einer Umverteilung führen, wie es bisher bei jeder Krise der Fall war – wohlgemerkt einer Umverteilung von unten nach oben.
Sie fordert „Solidaritätspolitiken, deren erstes Handlungsmotiv die Gesundheit der Gesellschaft und nicht die Gesundheit der Wirtschaft verfolgt. Die Alternative zur unbedingten Marktfreiheit besteht in der Besinnung auf das globale Gemeinwohl.“

Chance für einen neuen Sozialismus

Oliver Nachtwey sieht in der Vollbremsung des Kapitalismus eine „Chance für einen neuen Sozialismus“. Die Vollbremsung des Kapitalismus konzentriert sich aber nur auf bestimmte Branchen und Berufe. Viele Beschäftigte werden nach Hause geschickt, aber die Sektoren Gesundheit, Pflege, Logistik und Einzelhandel sind unverzichtbar für die tägliche Erhaltung der Gesellschaft. Auch mit einem weiteren Punkt trifft Nachtwey einen wunden Punkt - beim Gesundheitssektor. Jetzt wird deutlich, dass die Ausrichtung am Markt im Gesundheitswesen Teil des Problems ist. Es gibt zu wenig Personal, zu wenig Ausrüstung, zu geringe Notfallkapazitäten. Die Pharmaunternehmen haben aufgehört zum SARS (und nebenbei auch zu Antibiotika) zu forschen, da die erwartete Marge zu gering ausfällt. Nicht mehr folgen kann ich ihm bei der Schlussfolgerung: „Ein Infrastruktursozialismus könnte für diese Aufgabe aber ebenfalls nützlich sein.“

Sonntag, 1. März 2020

Ökonomie in der Corona-Krise: Mehr Staat, weniger Markt?

Mark Schieritz beschreibt in der ZEIT eine interessante Entwicklung: Die Corona-Krise führt zu mehr Staat und weniger Markt. Zukünftige Herausforderungen können aber nur durch private Initiative und staatliche Interventionen bewältigt werden.

Kollektive Krisen als Zeit sozialer Reformen

Schieritz zeigt, dass Katastrophen Reformen vorangetrieben hab „Auf die Pest folgte die ersten Sozialgesetzte, auf die Cholera Kanalisationen, nach dem 1. Weltkrieg folgte der Sozialstaat". Bereits seit längerer Zeit verschiebt sich die ökonomische Debatte, bereits vor der Pandemie warnten viele Akteure und Organisationen vor wachsender Ungleichheit und dem Klimawandel.  

Der Staat ist wieder gefragt

Diese Entwicklung hat sich durch die Pandemie verstärkt: Was vor kurzem noch unter Sozialismus-Verdacht stand wird plötzlich möglich. In den USA möchte Biden die Staatsausgaben und den Mindestlohn massiv erhöhen, in Deutschland befürworten selbst FDP-Wähler eine höhere Besteuerung von Einkommen. Selbst Ökonomen, die vor allem auf den Markt setzen, wünschen sich nun eine größere Rolle für den Staat.

Private Initiative und staatliche Interventionen

Schieritz betont, dass dies private Initiativen nicht ausschließt – im Gegenteil: private Initiative, staatliche Intervention, soziale Gerechtigkeit und ökonomische Effizienz können sich ergänzen. Als Beispiele nennt der die Impfstoffhersteller, die durch Forschungsgelder unterstützt werden und die Apollo-Mission, die Menschen zum Mond gebracht hat. Auch zukünftige Herausforderungen können nur gemeinsam erreicht werden: „Die Mondfahrten unserer Zeit sind nun der Klimawandel und die Vorbereitung auf die nächste Pandemie.“