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Montag, 27. Dezember 2021

Warum wir mehr Optimismus wagen können

Henrik Müller fordert im SPIEGEL mehr Optimismus zu wagen.

Schlechte Nachrichten 2021

Es gab viele schlechte Nachrichten: Die Coronapandemie hat uns weiter im Griff, der Klimawandel ist längt spürbar. An der Ostgrenze von EU und NATO braut sich ein Konflikt zusammen, die USA sind auch unter Joe Biden weiter zerstritten. Ob Deutschlands neue Regierung den Herausforderungen gewachsen ist, muss sich erst noch erweisen.
Dennoch sieht Müller einen „stetigen Strom an Neuerungen, Verbesserungen und graduellen Verhaltensänderungen“ mit „erstaunlichen Folgen“.

Mehr Wohlstand

In den vergangenen fünf Jahrzehnten ist das deutsche Wohlstandsniveau, gemessen an der inflationsbereinigten Wirtschaftsleistung pro Einwohner, um rund das Zweieinhalbfache gestiegen.
Mit Ausnahme der Finanzkrise 2008/09 und der Coronakrise 2020 ging es immer nur bergauf.

Mehr Wohlbefinden

Zwischen 2000 und 2020 stieg die Lebenserwartung Neugeborener in Deutschland um drei Jahre. Auch das aktuell empfundene Wohlbefinden ist auf hohem Niveau. Müller fordert Probleme nicht zu ignorieren, im Gegenteil: die Thematisierung negativer Entwicklungen sieht er als Voraussetzung für langfristige Wachstumszuwächse.
Er teilt auch nicht das Argument sich von der Wachstumsideologie zu verabschieden, da sich Ressourcenverbrauch und Wohlstandszuwachs längst entkoppelt haben. Aber der Umstieg auf eine klimaneutrale Wirtschaftsweise erfordert keineswegs den Abschied vom ökonomischen Fortschritt, sondern im Gegenteil seine Beschleunigung.

Keine Selbstläufer

Müller betont, dass dies alles kein Selbstläufer ist und verweist auf die Geschichte, in der es immer wieder Rückschläge gab. Es braucht einige Rahmenbedingungen, darunter verlässliche Institutionen, gesellschaftlichen Zusammenhalt und eine stabile internationale Ordnung. Daher sieht er in aktuellen Krisensymptomen– politische Polarisierung, gesellschaftliche Risse im Zuge der Pandemie, geopolitische Konfrontation – Warnsignale, die das Potenzial haben, den langfristigen Zug des Fortschritts spürbar zu bremsen.
 

Sonntag, 26. Dezember 2021

Fünf gute Nachrichten 2021

Zum Abschluss des Jahres möchte ich Optimismus verbreiten. Zunächst hervorragende Nachrichten, die Hoffnung machen, präsentiert von Christian Stöcker im SPIEGEL 

Erneuerbare Energie

Der Siegeszug ist nicht mehr aufzuhalten: Bereits 2020 stammte 30 % der globalen Elektrizitätsproduktion aus erneuerbaren Energien – 2021 wird es noch mehr. Besonders rasant ist die Entwicklung in China. Bereits zehn Staaten, darunter Norwegen, haben das Ziel 100 % fast erreicht.

Transparente Solarmodule

Transparenten Solarmodulen, die man wie Fenster im Gebäude einbauen oder sogar als Folien auf existierende Scheiben aufbringen kann, sind marktreif. Die Gebäude oder Gewächshäuser der Zukunft könnten künftig rundum mit stromerzeugendem Material eingehüllt sein.

Elektromobilität

Auch hier ist Norwegen Vorreiter: 2020 wurden mehr Elektrofahrzeuge verkauft als Benziner und Diesel zusammen.

Biotechnologie und Lebenswissenschaften

Auch in den Bereichen Biotechnologie und Lebenswissenschaften sieht Stöcker viele Erfolge. Exemplarisch nennt er eine Datenbank mit Strukturvorhersagen über Proteine, die im menschlichen Leben vorkommen. Die Möglichkeiten dieser durch lernende Maschinen erstellte Datenbank wird das Verständnis revolutionieren, wie das Leben funktioniert.

mRNA-Impfstoffe und Medikamente

mRNA-Impfstoffe wurden durch die Impfstoffe gegen Corona bekannt. Sie können aber gemeinsam mit Medikamenten noch viel mehr Krankheiten bekämpfen: gegen Malaria sind Medikamente bereits im Einsatz, gegen Krebs, Tuberkulose und andere Menschheitsgeißel.

Freitag, 17. Dezember 2021

Die unehrliche Inflationsdebatte

In der Süddeutschen Zeitung (nur für Abonnenten) und der Seite der DIW fordert Marcel Fratzscher eine sachliche Auseinandersetzung über die Preissteigerungen, Zinsen und Geldpolitik

Vorwürfe an EZB populistisch, falsch und schädlich

Fratzscher wendet sich gegen die Attacken gegen die Europäische Zentralbank, der insbesondere aus Deutschland immer wieder die absichtliche Enteignung von Sparern vorwirft.

Interpretation der Zahl

Die Zahl von mehr als fünf Prozent ist ein Vorjahresvergleich, im Monatsvergleich sind die Preise in den letzten Monaten gar nicht gestiegen. Vor einem Jahr hingegen drohte Deflation, da viele Preise deutlich gesunken sind. Außerdem wurde ab dem 1. Juli 2020 die Mehrwertsteuer reduziert, die am 1. Januar wieder auf den ursprünglichen Satz erhöht wurde.

Negative Realzinsen nichts Ungewöhnliches

In den letzten 60 Jahren gab es oft negative Realzinsen, d.h. die Inflation war höher als die Normal-zinsen. Auch die Ängste einer Lohn-Preis-Spirale hält Fratzscher für übertrieben, da die Löhne in der Vergangenheit eher gering gestiegen sind. Die meisten Menschen mit geringen Löhnen haben überhaupt keine Tarifverträge und Unterstützung durch Gewerkschaften.

Die Politik ist für hohe Wohnkosten und Energiepreise verantwortlich

Fratzscher verweist darauf, deutlich höhere Preise für nicht klimaneutrale Energiequellen notwendig und richtig sind. Auch für die hohen Wohnkosten trägt nicht die EZB die Verantwortung, sondern die Politik. Menschen mit geringem Einkommen in den Städten sind besonders stark von den hohen Preisen betroffen, dafür darf aber nicht die EZB verantwortlich gemacht werden.

Dienstag, 7. Dezember 2021

Koalitionsvertrag - Arbeit und Soziales

Neue Ansätze auf dem Arbeitsmarkt, wenige Veränderungen bei den Sozialversicherungen. So lassen sich die wichtigsten Pläne des Koalitionsvertrags im Bereich Arbeit und Soziales zusammenfassen. 

Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt

Es war eine der wichtigsten Forderungen der SPD und steht nun auch so im Koalitionsvertrag: bereits im ersten Jahr der Regierung soll der Mindestlohn auf 12 Euro angehoben. Die Grenzen für Mini- und Midi-Jobs werden angehoben, die FDP konnte sich bei der Forderung nach flexibleren Arbeitszeiten durchsetzen.

Bürgergeld und eigenständige Kindergrundsicherung  

Zwei große Veränderungen sind bei der Grundsicherung geplant. Das Bürgergeld soll nicht nur ein neuer Name für Hartz IV werden, sondern durch den Abbau von Bürokratie und bessere Zuverdienstmöglichkeiten auch eine andere Form haben. Durch Bündelung von Leistungen soll eine eigenständige Kindergrundsicherung entstehen, die vor allem ärmeren Familien Vorteile verschaffen soll.

Wenig Veränderung bei den Sozialversicherungen

Bei der Renten- und Pflegeversicherung bleibt fast alles beim Alten. Private Versicherungen bleiben bestehen, auch die von SPD und Grünen angestrebte Erweiterung der Beitragszahler wird es nicht geben. Bei der Rentenversicherung sollen Rentenniveau und Beiträge stabil blieben, eine Aktienrente soll für einen zusätzlichen Schutz bieten. Eine „Offensive für mehr Pflegepersonal“ und eine Prämie für Pfleger*innen – ansonsten gibt es auch wenig Neues im Pflegebereich.

Starke Entlastung unterer Einkommensschichten

Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung ZEW hat wirtschaftlichen Folgen des Koalitions-vertrags berechnet und kam zum Ergebnis, dass durch die Erhöhung des Mindestlohns und die Kindergrundsicherung vor allem untere Einkommensschichten entlastet werden. Sollte das Bundesverfassungsgericht den Solidaritätszuschlag für die höchsten zehn Prozent der Einkommen streichen, könnten sich die Wirkungen zugunsten Gutverdiener verschieben.