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Montag, 23. Dezember 2024

Antworten auf die gängigen Auto- und Energie-Mythen

In einem Kommentar im SPIEGEL beschäftigt sich Christian Stöcker mit fünf gängige Auto- und Energie-Mythen. Er bezeichnet seine Kolumne als „ein schnell einsetzbarer Leitfaden gegen Desinformation über erneuerbare Energien, E-Autos und angrenzende Gebiete. 

Mythos 1: »E-Autos sind auch nicht besser fürs Klima«

Gegen dieses Narrativ gibt es viele Studien, u.a. der Universität der Bundeswehr München, dem Fraunhofer-Institut oder dem Verein Deutscher Ingenieure. E-Autos halten länger als Verbrenner und setzen weniger CO2 aus. In China sinkt der Verbrauch von Benzin und Diesel bereits – weil Elektroautos sich so schnell verbreiten. Diese Entwicklung ist schlecht für die Öl- und Gasbranche und die Petrostaaten. Akteure also, die für jahrzehntelange Desinformation bekannt sind.

Mythos 2: »E-Autos brennen dauernd!«

Es gibt eine Brandgefahr bei Elektroautos: Sie brennen lang und heftig – aber das passiert viel seltener als bei Verbrennen wie Studien zeigen. An den Desinformationskampagnen ist auch die AfD beteiligt, die wiederrum von Russland übernehmen. Unglücklicherweise machen auch manche deutsche Politiker und deutsche Medien sich zum Handlanger solcher Strategien. Die ADAC-Unfallforschung hat auch ergeben, dass verunfallte E-Autos sicher geborgen werden können.

Mythos 3: »Deutschland droht ein Blackout«

Dieses Narrativ entbehrt jeder Grundlage. Deutschland hat auch ohne Sonnen- und Windenergie eine Kraftwerkskapazität von 100 Gigawatt Leistung. Der hohe Strompreis Mitte Dezember ist auch darauf zurückzuführen, dass konventionelle Kraftwerke nicht angefahren sind. Derzeit prüft die Bundesnetzagentur den Vorgang.
Fest steht: Die Gefahr eines »Blackouts« wegen mangelnder Erzeugungskapazität in Deutschland existiert nicht: Wir haben gewaltige Überkapazitäten. Außerdem ist der europäische Strommarkt kein Makel, sondern ein Gewinn. Notwendig sind wasserstofffähige Gaskraftwerke für die maximal wenigen Wochen im Jahr, in denen wirklich weder die Sonne scheint noch der Wind weht.

Mythos 4: »Erneuerbare Energien sind ein deutscher Alleingang«/»Es gibt eine weltweite Renaissance der Atomkraft«

Auch diese Zahlen sind falsch: weltweit steigt der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung – zunehmend auch im privaten Bereich. Notwendig ist der massive Ausbau von Großspeichern. Demgegenüber stagnieren die Zahlen bei der Atomkraft. Der Anteil des Atomstroms am Strommix des Planeten sinkt. Atomstrom war nie wettbewerbsfähig und wird es auch niemals sein. Er ist immer ein Subventionsgrab.
Entgegen wiederholter Behauptung investiert auch Google nicht in Atomkraftwerke, sie beabsichtigen lediglich Atomstrom zu kaufen. Ob und wann der Reaktor „Three Mile Island“ oder die neuen angepriesenen Reaktortypen bezahlbaren Strom liefern, ist aber ungewiss.

Mythos 5: »Die Strompreise für die Industrie sind hoch wie nie zuvor«

Zur Zeit liegen die Strompreise unter dem des letzten Jahres und unter denen des Jahres 2017. Damals lag das Wirtschaftswachstum in Deutschland bei 2,2 Prozent. Die Behauptung, »die hohen Energiepreise« seien maßgeblich verantwortlich für die desolate Situation der deutschen Wirtschaft, ist also offenkundig falsch.
Andere Staaten subventionieren die Strompreise massiv. Das Problem sind also nicht die hohen Erzeugungskosten, sondern der verzerrte internationale Wettbewerb. Perspektivisch wird der Strom in Deutschland durch erneuerbare Energien billiger, denn sie sind konkurrenzlos günstig.

Desinformationen nutzen einigen Branchen und Staaten

Zu Energieversorgung und Mobilität ist viel Desinformation im Umlauf. Nutznießer sind Branchen und Staaten, die weiter mit dem Verbrennen von Öl und Gas Geld verdienen wollen – und die Nuklearbranche, die ihr darbendes Geschäftsmodell gern mit Steuergeldern am Leben erhalten möchte.

Mittwoch, 4. Dezember 2024

Zwei Jahre ChatGPT - Weiß alles, halluziniert bloß manchmal

Nicolas Kilian schreibt in der ZEIT  über künstliche Intelligenz, die die Wirtschaft revolutionieren könnte. Ein Blick auf verschiedene Branchen zeigt, dass es aber noch einige Hindernisse gibt. 

Hohe Erwartungen und viel Geld

Amerikanische Tech-Bosse preisen die generative künstliche Intelligenz: Vergleichbar mit dem Internet oder gar Feuer und Elektrizität, die "Wohlstand und Reichtum bringen, wie sie die Welt noch nie gesehen hat". Entsprechend viel Geld wird investiert - allein in diesem Jahr investieren Meta, Microsoft, Alphabet und Amazon weit über 200 Milliarden Dollar, einen großen Teil davon in die Fortentwicklung von KI. Inzwischen werden Zweifel laut. Investoren haben Bedenken, ob die hohe Kosten gerechtfertigt sind und sehen die Gefahr einer Spekulationsblase.

Siemens spart Zeit

Siemens ist bereits 177 Jahre alt. KI wird eifrig getestet, lukrative Anwendungsfelder werden gesucht. Mit KI werden riesige Menschen firmeneigener Dateien besser nutzbar gemacht werden – Mitarbeiter können schneller auf Informationen zurückgreifen. Auch ein Programmier-Assistenz soll die Mitarbeiter effektiver machen.  Viele Unternehmen stehen aber noch am Anfang, besonders für kleinere Unternehmen sind die Ausgaben im Vergleich zum Ertrag enorm.

Ein Finanzdienstleister setzt auf Chatbots

Eine weitere Evolutionsstufe sind digitale Butler, die Nutzern ganze Arbeitsschritte abnehmen: Geschäftsreisen buchen, Termine vereinbaren, Bestellungen aufnehmen. Der Zahlungsdienstleister Klara bietet einen Vorgeschmack auf die Zukunft. Dort beantworten Chatbots bereits zwei Drittel der Kundenanfragen. Der Bot ist Tag und Nacht im Einsatz, spricht 35 Sprachen. Menschen werden nicht gänzlich verschwinden und müssen bei komplexeren Fällen eingreifen.

Eine Anwaltskanzlei ist vorsichtig mit KI

Anwaltskanzleien sind vorsichtiger. Obwohl es auch hier leistungsfähige Sprachmodelle gibt, wird der Chatbot bei A&O Shearman nur selten genutzt. Ein Grund: Eine verlässliche juristische Einschätzung kann die KI nicht reffen – noch nicht.
Eine juristische Frage könnten Fehler werden, denn die. Sprachmodelle geben manchmal Antworten, die überzeugend klingen, aber frei erfunden sind – die KI halluziniert. Die Systeme müssen überwacht und die Antworten häufig nachbearbeitet werden – das kostet Zeit. Erst wenn die Systeme zuverlässig genug seien, könne man damit ganze Prozesse automatisieren. Dennoch wäre es ein Fehler, nur auf die heutigen Fähigkeiten der Systeme zu blicken.

Die Volkswirtschaft profitiert später

Auf ganze Volkswirtschaft übertragen braucht es Geduld – und viel Geld. Ein Experte spricht von einer Basistechnologie, vergleichbar mit der Dampfmaschine, dem PC oder dem Internet. Es muss viel investiert werden, bevor sie überhaupt einen Mehrwert. Erst in einigen Jahren werden die Auswirkungen im Wirtschaftswachstum oder der Arbeitsproduktivität von Ländern zu sehen sein.
Die Wetten sind riskant. „Darauf, dass KI bald keine Fakten mehr erfindet. Dass die wirtschaftlich bedeutsamen Anwendungen schon kommen werden. Und dass KI nicht nur einzelne Branchen verändert, sondern gänzlich neue Wirtschaftszweige entstehen lässt.“

Undenkbares kann möglich werden

Aber es ist möglich. Wer hätte vor einigen Jahren gedacht, dass Geschäftsmodelle wie Google, Amazon oder Tiktok möglich sind. Sie gehören zu den wertvollsten unternehmen der Welt und finanzieren nun KI. Ein Unterschied zur Dotcom-Blase in den 2000er Jahren, als Kleinanleger den Hype finanzierten und viele Geld verloren.

Donnerstag, 21. November 2024

Die Wirtschaftspolitik der starken Männer ist zu schwach

Lisa Nienhaus analysiert in der Süddeutschen Zeitung die Wirtschaftspolitik von starken Männern, die ihre Wirtschaft gegen Feinde von außen verteidigen will – sie wird nicht funktionieren.

Starke Männer (und Frauen) sind schwach

Der starke Mann ist en vogue. Durch den Rauswurf seines Finanzminister hat Olaf Scholz seine Muskeln spielen lassen. In den Vereinigten Staaten setzt Donald Trump nicht auf Kooperation und Kompromiss, sondern Macht. Das Problem ist, dass sie die Gründe für den persönlichen Erfolg für allgemeingültig halten.

Zollpläne von Trump werden nicht funktionieren.

Donald Trump will durch Zölle den Erfolg anderer Nationen behindern und Arbeitsplätze ins Land holen. Das wird nicht funktionieren, denn die für Amerikaner werden Produkte aus dem Ausland viel teurer. Wenn Länder Vergeltungsmaßnahmen ergreifen, könnte es noch teurer werden. Dadurch wird die Inflation befeuert – auch für den Rest der Welt -  lose-lose.
Der erfolgreiche Welthandel der vergangenen Jahrzehnte basierte auf dem Gegenteil: Handel zwischen Ländern erhöht den Wohlstand auf beiden Seiten.

Ideen und Wettbewerb vieler

Für die Autorin setzt gute Wirtschaftspolitik auf die Ideen und den Wettbewerb vierer. Dass lässt Neues zu und zerstört Altes, wenn es sich nicht anpasst. Es braucht viele für den wirtschaftlichen Erfolg. Es braucht Kooperation und Kompromiss, aber vor allem Konkurrenz.
Donald Trump wird Schaden anrichten. Seine Wirtschaftspolitik der Stärke ist in Wahrheit eine der Schwäche: Man schadet den anderen, aber auch sich selbst. „Diese Politik trägt damit ihr Ende schon in sich.“

Mittwoch, 23. Oktober 2024

Was für das Rentenpaket spricht – und was dagegen

Die Süddeutsche Zeitung stellt Argumente für und gegen das Rentenpaket gegenüber.
Die SPD will die Reform unbedingt, die FDP ist dagegen.

Argumente für das Paket

Verlässlichkeit

Das Rentenpaket bringt den Rentnern und nachfolgenden Jahrgängen Sicherheit. Bei sinkendem Niveau würden Rentner ärmer. Die Untergrenze sei eine „Erneuerung des Leistungsversprechens“ der Rentenversicherung.

Lastenteilung

Bei sinkendem Rentenniveau müssten Erwerbstätigen mehr fürs Alter versorgen. Viele können diese gar nicht leisten. Außerdem gilt die staatlich geförderte Riester-Rente als Flop.

Teilhabe

Durch die Rentenpläne würden die Ruheständler weiterhin am Wohlstand des Landes beteiligt, weil die Renten parallel zu den Löhnen stiegen.

Argumente gegen das Paket

Kosten

Kritiker nennen das Projekt „teuer, ungerecht und kurzsichtig“. Sie befürchten, dass der Rentenbeitrag um zwei Prozent steigen würden. Dadurch sinken das Nettoeinkommen der Arbeitnehmer und verteuern Arbeitsplätze.

Demografie

Der demografische Wandel belastet das Rentensystem ohnehin schon, das Rentenpakt würde die Situation noch verschärften.

Jüngere

Kritiker wie der Ökonom Börsch-Supan sehen „eine einseitige und massive Umverteilung zuungunsten der jüngeren Generation“. Bisher wurden die Kosten des demographischen Wandels geteilt, künftig würden die hier die Lasten einseitig den jüngeren Versicherten auferlegt.“

Dienstag, 17. September 2024

Globalisierung: Die Rechten klauen den Linken die Kapitalismuskritik

Jannis Brühl beschreibt in der Süddeutschen Zeitung den Themenklau von rechts: Lange waren es die Linken, die die Globalisierung kritisiert haben, nun wettern Rechte gegen den Kapitalismus.

Feindbild Globalisten

Donald Trump vermutet den Deep State in der Staatsbürokratie, Björn Höcke spricht von einer „kriegstreiberischen, globalistischen Elite“, die sogar die USA fremdbestimme, vermischt mit Verschwörungsgedanken über einen „Wirtschaftskrieg gegen Deutschland“. Das Feindbild „Globalisten“, es vereint die neuen nationalistischen Bewegungen von den USA über Ungarn bis Thüringen.

Globalisierung unter Druck

Der Freihandel, den die meisten Staaten mitgetragen haben und Deutschland reicher gemacht hat, ist an die Grenzen gekommen. Schlagwörter wie Decoupling, Derisking und das Drohen mit Zöllen bestimmen die Debatte. Mit der linken Solidarität - Afrikas Bauern leiden unter hochsubventionierten Landwirtschaftsexporten aus der EU! – hat die Kritik nichts mehr zu tun:
America first. Deutschland zuerst. Ich zuerst.

Politische Urheberrechtsverletzung durch die AfD

Linke kritisierten die Euro-Rettung und multinationale Konzerne. Intellektuelle wie der Soziologe Wolfgang Streeck attackieren heute die Globalisierung und lehnen „offene Grenzen“ ab. Diese Haltung wird von Sahra Wagenknecht gelobt. Aber trotz solcher Kontaktpunkte sind die Gemeinsamkeiten zwischen rechts und links in der Frage gering. Es handelt sich vielmehr um eine große politische Urheberrechtsverletzung durch AfD und Co.

Chauvinismus statt Solidarität

Hinter den anti-globalistischen Schlagworten steht eine wohlstandschauvinistische Verachtung. Motto: Wer ärmer ist als wir, wird wohl kulturell unterlegen sein, oder gar genetisch. Trump erhält Unterstützung durch Kapitalisten wie Elon Musk und Marc Andreesen, Molke-Milliardär hält Kontakt zu Alice Weide. Ihre Hoffnung: niedrigere Steuern für die Reichsten. Motto: Gegen Kapitalismus haben wir nichts, aber es gibt eben gute, nationale Kapitalisten – und böse Kapitalisten aus dem Ausland. Oft fließen antisemitische Ressentiments mit ein wie bei George Soros, der in seinem Geburtsland Ungarn von Viktor Orban verleumdet wird. Sie bieten sie wenig mehr als unternehmerfreundliche Politik, angereichert mit migrationsfeindlichen Parolen für die Wähler.

Man hätte den Widerstand als Warnung lesen können

Globalisierung ist anstrengender als behauptet und hat im Westen auch Jobs gekostet. Dies nutzen bereits vor Trump für ihre Agitation. Die politische Mitte hat diese Erschütterungen nicht ernst genommen. Die Rechte hat den Ball jetzt in einer vereinfachten, egoistisch-nationalistischen Variante aufgenommen. Nach Ansicht des Autors sollte es auch eine marktfreundliche Mitte geben.

Überzeugen die rechten Arbeiterführer?

Trumps Kandidat als Vizepräsident J. D. Vance gibt sich als rechter Arbeiterführer. Er setzt nicht nur weltweit, sondern auch in den USA auf mehr Staat, ist gegen Sozialkürzungen und für Gewerkschaften. Es bleibt abzuwarten, wie weit er gehen kann. Bei einer Wahlkampfveranstaltung war es bei einem Auftritt eines Gewerkschafters ruhig: Offensichtlich ist vielen rechten Aktivisten etwas unwohl dabei, leibhaftigen Vertretern der Arbeiter zuzuhören.

Donnerstag, 15. August 2024

Arbeitsmoral: Sind wir zu faul?

Carla Neuhaus behandelt in der ZEIT den immer wieder wiederholten Vorwurf, die Deutschen würden zu wenig arbeiten.

Menschen wollen weniger arbeiten

In einem Punkt sind sich Christian Lindner (FDP) und Robert Habeck (Grüne) ausnahmsweise einig. Beide sagen: Die Menschen arbeiten zu wenig. Sie wollen Anreize, dass Menschen mehr arbeiten. Die Menschen wollten das Gegenteil – rund die Hälfte der Menschen würde gerne weniger arbeiten.

Fragwürdige Statistiken

Auf den ersten Blick geben Statistiken der OECD recht. In Deutschland kommt ein Erwerbstätiger auf 1340 Stunden im Jahr – in den USA 1811. Die OECD warnt selber vor Vergleichen, denn in die Berechnung fließen alle Beschäftigten ein, egal ob Voll- oder Teilzeit.
Arbeitet ein Mann 38,5 Stunden pro Woche und die Frau gar nicht, liegt die Jahresarbeitszeit bei 1732,5 Stunden. Geht der Mann auf 40 Stunden hoch und die Frau arbeitet 20 Stunden, sinkt die durchschnittliche Jahresarbeitszeit auf 1350 Stunden – obwohl beide mehr arbeiten als vorher.
Der sarkastische Rat von Ökonomen: "Will Deutschland den Anschluss an die OECD schaffen, muss einfach nur jeder Teilzeitbeschäftigte ab morgen zu Hause bleiben."

Produktivität nimmt nicht mehr zu

Zählt man alle geleisteten zusammen, kommt mit 55 Milliarden Stunden ein Höchstwert seit der Wiedervereinigung heraus. Zählt man Selbständige hinzu ergeben sich sogar 62 Milliarden. Ohnehin sind die Zahlen nicht entscheidend, denn es kommt auf die Produktivität an. Diese nimmt aber tatsächlich kaum mehr zu. Ein Grund: Die Beschäftigung wächst vor allem in personalintensiven Bereichen – und eine Kraft kann nicht einfach noch mehr Kinder oder Senioren betreuen. Ein weiteres Problem ist, dass auf Dauer immer mehr Menschen auf dem Arbeitsmarkt fehlen.

Weniger arbeiten individuell sinnvoll, gesamtwirtschaftlich schlecht

Die aktuell diskutierte Viertagewoche ist für einzelne Personen nachvollziehbar, für die Wirtschaft schwierig. Der Mangel in einzelnen Berufen, z.B. bei Erzieherinnen, könnte sich sogar noch verschlimmern. Experten sehen deshalb vor allem bei Mangelberufen ein Problem.

Wie kann man Menschen zu mehr Arbeit bringen?

Tatsächlich arbeiten Menschen immer weniger

  • 1.340 Stunden haben die Deutschen 2023 im Schnitt gearbeitet. Einzig im Coronajahr 2020 war es noch weniger.
  • 31,6 Überstunden haben Arbeitnehmer im Jahr 2023 im Schnitt gemacht – deutlich weniger als früher.
  • 20 Tage waren Arbeitnehmer im letzten Jahr im Durchschnitt krankgeschrieben – ein Rekord.
  • 67 Prozent der Mütter arbeiten in Teilzeit, bei den Vätern sind es neun Prozent.

Finanzminister Lindern will Mehrarbeit steuerfrei stellen. Forscher sehen darin Fehlanreize, da Beschäftigte dann ihre vertragliche Arbeitszeit reduzieren und mehr steuerfreie Überstunden leisten könnten. Eine Beschränkung auf 40 Stunden ist gegenüber Teilzeitkräften nicht fair und juristisch kaum haltbar. Sinnvoller ist die Idee von Wirtschaftsminister Habeck, der Rentner zur Arbeit animieren will.
Der Sachverständigenrat der Bundesrepublik setzt bei Frauen in Teilzeit und fordert bessere Kinderbetreuung. Außerdem fordert sie eine Reform des Ehegattensplittings und eine Verschiebung des Renteneintrittsalter.

Keine Reform in Sicht

Es gäbe also Wege, dafür zu sorgen, dass wieder mehr gearbeitet wird in Deutschland. Nur sind sie nicht sehr populär. Die Regierung ist sich uneins und wird sich kaum zu einer großen Reform durchringen. Während die Deutschen insgesamt also weniger arbeiten, tut es die Regierung in dieser Sache vermutlich gar nicht.

Donnerstag, 8. August 2024

Mit Wirtschaftspolitik Wähler von AfD- und Trump zurückgewinnen

Alexander Hagelüken berichtet in der Süddeutschen Zeitung von einem Papier von Ökonomen, die eine Wirtschaftswende weg vom Markliberalismus fordern.

Wirtschaftliche Gründe für Aufschwung der Rechten

Der Rechtsruck in westlichen Demokratien wird häufig mit Migration und dem Kulturkampf begründet. Es gibt aber auch wirtschaftliche Gründe wie Ökonomen der „Berliner Deklaration“ betonen. Menschen erleben, wie sie durch Inflation weniger Geld haben, wie Jobs nach China verschwinden, während Vorstände Boni kassieren. Menschen fühlen sich machtlos – zurecht wie die Ökonomen nach 40 Jahren Neoliberalismus betonen.

Der Wohlstand der Menschen, nicht der Konzerne, muss in den politischen Fokus

Freie Märkte bringen Gutes aber auch Verliere. Nach neoliberaler Doktrin soll sich der Staat raushalten. Viele ärgern sich, dass sie keine Jobs mehr haben und wählen dann Rechtspopulisten.
Eine bessere Wirtschaftspolitik sollte die Globalisierung managen, in dem sie in betroffenen Regionen investiert. Der Staat verabschiedet sich vom Sparkurs, lässt genug Busse und Bahnen fahren und sichert die Rente. Das Geld soll von denen kommen, die besonders von der Globalisierung profitiert haben.

Rechtspopulisten weiten neoliberale Politik auf

Es ist ein Mythos des Neoliberalismus, dass von diesen Steuergeschenken für Reiche die ganze Gesellschaft profitiere. Der Autor nennt es „Tragik rechtspopulistischer Wähler“, dass die Heilsbringer diese Politik noch fortsetzen. SO hat Trump die Steuern für Vermögende noch gesenkt. Die Strafzölle haben keine neue Arbeit gebracht, sondern Vorteile der Globalisierung reduziert.

Wohlstand für alle

Demokratische Parteien begegnen den Rechtspopulisten am besten, indem sie den Menschen offensiv erklären, in welche Sackgasse deren Parolen führen. Und indem sie eine neue Wirtschaftspolitik etablieren, die sich weniger am Markt orientiert – und mehr am Wohlstand aller Menschen.