Heike Buchter analysiert in der ZEIT die Bedeutung von Staatsanleihen. Sie gelten als sichere Finanzanlagen, aber es gibt die Angst, dass sich die USA überschulden.
1. Was sind Staatsanleihen?
Staatsanleihen sind Schuldenpapiere von Staaten. Regierungen leihen sich auf die Weise Geld am Finanzmarkt. Wer Staatsanleihen erwirbt, gibt dem ausgebenden Staat ein Darlehen. Im Gegenzug erhält der Gläubiger über die gesamte Laufzeit jährliche Zinsen und am Ende den geliehenen Nominalbetrag zurück. Inzwischen sind US-Staatsanleihen in einem Volumen von 26 Billionen Dollar auf dem Markt.
2. Warum sind US-Staatsanleihen so bedeutend?
Da niemand davon ausgeht, dass die US-Regierung ihre Schulden nicht zurückzahlt, gelten amerikanische Staatsanleihen als sicherer Hafen. Die Zinsen richten sich weltweit nach ihnen - praktisch als Ausgangswert. Sie sind das Fundament des weltweiten Finanzsystems. Andere Unternehmen und Staaten müssen entsprechend höhere Zinsen zahlen.
3. Was passiert gerade am Markt für US-Staatsanleihen?
Im Moment ist der Markt in Aufruhr. Die Rendite nähern sicher der Fünf-Prozent-Marke, 2007 folgte später die Finanzkrise.
Da immer weniger Investoren in US-Anleihen investieren, sinken deren Preise, die Rendite steigt. Auf dem Sekundärmarkt schwankt der Preis, wer unterhalb des Nennwerts kauft, profitiert mehr. Fallen also die Preise für Anleihen, steigen die Renditen für Investoren, die neu zugreifen. Das passiert gerade bei den US-Staatsanleihen.
4. Hat das Beben am US-Anleihemarkt Folgen für Unternehmen und Arbeitnehmer in Deutschland?
Während sich Investoren über höhere Gewinne freuen, haben Unternehmen höhere Finanzierungskosten. Auch die Kosten von Hypothekendarlehen können steigen. Dadurch könnten auch Unternehmer und Arbeitnehmer in Deutschland betroffen sein.
5. Wie konnte es so weit kommen?
Eine eindeutige Erklärung gibt es nicht. Eine Theorie lautet, dass ausländische Notenbanken sich neuerdings zurückhalten. Bisher sind Japan mit 1,1 Bio. und China mit 805 Mrd. Dollar die grö0ten Gläubiger. Außerdem fällt die US-Notenbank als Käufer aus. Bis vor kurzem hat sie aus geldpolitischen Gründen Staatanleihen gekauft, aufgrund der Inflation hat sie diese Aufkäufe eingestellt.
6. Haben die USA ihren Kredit verspielt?
Eine weitere Erklärung: Die USA könnten ihr Kreditlimit überzogen haben. Bislang gab die stetig wachsende Nachfrage nach den Anleihen der US-Regierung die Möglichkeit, immer mehr Geld auszugeben, ohne zu sparen oder Steuern zu erhöhen. Die US-Präsidenten Trump und Biden haben viel Geld ausgegeben, die Staatseinnahmen bleiben weit zurück. Im abgelaufenen Fiskaljahr stieg das Haushaltsdefizit deshalb auf 1,7 Billionen Dollar, so der Rechnungshof des Kongresses. Es kommen immer mehr Anleihen auf dem Markt – bei geringerer Nachfrage könnten die Preise steigen. Daher dürfte der wichtigste Grund sein, der das Beben ausgelöst hat: die Sorge, dass die USA sich zu überschulden drohen.
7. Was passiert im schlimmsten Fall?
Die Folge von allem wäre eine weltweite Rezession. Steigen die Schulden, muss Jahr für Jahr mehr Geld für deren Bezahlung aufgewendet werden – und es bleibt weniger Geld für Infrastruktur, Gesundheit, Bildung übrig. Die Zahlungsunfähigkeit der USA lässt sich zwar ausschließen, da die führende Wirtschaftsnation der Welt immer Dollar drucken kann. Dies hätten allerdings Geldentwertung und eine noch höhere Inflation zur Folge. Aber auch dieses Szenario ist gefährlich: Es droht dann im schlimmsten Fall eine Finanzkrise wie im Jahr 2008, deren Folgen bis heute zu spüren sind.