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Mittwoch, 17. September 2025

Ist der Sozialstaat nicht mehr finanzierbar?

Bastian Brinkmann liefert in der Süddeutschen Zeitung  Fakten zur aktuellen Debatte, ob der Sozialstaat noch finanzierbar ist. Bundeskanzler Friedrich Merz hatte diese Debatte zuletzt neu entfacht. 
Zu diesem Thema biete ich auch Seminare in meinem Bereich Wirtschaft und Soziales

Der Sozialstaat ist gewachsen 

Das Sozialbudget fasst alle Sozialleistungen zusammen – von Rente und Krankenkassen über Elterngeld hin zum Bürgergeld. Dies entspricht 31 % der Wirtschaftsleistung, so hoch wie nie zuvor, sieht man von der Corona-Krise ab. Das Wachstum ist im Vergleich zu den Vorjahren zwar gering, aber jede einzelne Nachkommastelle entspricht vier Milliarden Euro. Ob der Sozialstaat zu teuer ist, ist letztlich eine subjektive Einschätzung, einen Kipppunkt gibt es nicht. Ein (zu) teurer Sozialstaat hätte ökonomische Nachteile: Höhere Sozialabgaben und Steuern kosten Arbeitsplätze. Zu hohe Sozialausgaben belasten somit das Wirtschaftswachstum und verringern den künftigen Wohlstand.

Zuwachs bei der Familienpolitik – nicht dem Bürgergeld 

Der Sozialstaat ist in den letzten Jahren vor allem außerhalb des klassischen Sozialsystems (Rente, Gesundheit, Arbeitslosenversicherung) gestiegen. Den größten Zuwachs gab es in der Familienpolitik. Vor allem aufgrund neuer Kita-Plätze haben sich die Kosten seit den Neunzigern verfünffacht und sind damit doppelt so stark gestiegen wie die Wirtschaftsleistung. Die Ausgaben für das Bürgergeld bzw. seine Vorläufer ist konstant: es sind 1,4 % des Bruttoinlandsprodukts, sogar etwas weniger als vor 20 Jahren. 

Wird Deutschland immer sozialer, weil die Sozialausgaben steigen?

Die Gesamtausgaben sagen nichts darüber aus, ob sie fair und klug investiert sind. Das meiste Geld fließt in die Mittelschicht: Wer ein höheres Einkommen hat, bekommt eine höhere Rente, ein höheres Arbeitslosengeld und ein höheres Elterngeld. Das Institut der deutschen Wirtschaft geht davon aus, dass mehr als 40 % in die einkommensstärkere Hälfte gehen. Zugeteilte Leistungen können kaum mehr rückgängig machen wie die Aufregung zeigt, als das Elterngeld für Topverdiener gestrichen werden sollte. Nach Protesten wurden diese Sparpläne aufgeweicht.

Demographischer Wandel wird sich bemerkbar machen 

Vor allem bei der Rente, den Krankenkassen und der Pflege wird sich der demografische Wandel bemerkbar machen. Die Beiträge werden durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer finanziert: Wenn diese steigen, sinkt das Netto der Beschäftigten und die Lohnnebenkosten der Arbeitgeber erhöhen sich.
Ohne Reformen werden diese Ausgaben steigen, Experten gehen von bis zu 50 % aus. Bei gutem Arbeitsmarkt und mehr Einwanderung kann der Wert niedriger ausfallen. Auch der Steuerzuschuss für die Versicherungen könnte von derzeit 32 % des Bundeshaushalts deutlich steigen. 

Politische Entscheidungen verteuern die Systeme 

Aber auch politische Entscheidungen verteuern die Systeme, so will die neue Regierung Renten schneller steigen lassen und mehr Mütterrente auszahlen. In der Rente und in den Krankenkasse ist der Wandel noch gar nicht angekommen, dennoch steigen die Ausgaben bereits, da Leistungen ausgebaut wurden. Folglich sind steigende Sozialabgaben kein demografisches Schicksal. Es gibt einige Reformvorschläge und auch die Regierung hat angekündigt, Reformen anzugehen. 
Es wird sich zeigen, ob dieser Satz stimmt oder eine weitere Übertreibung war.