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Freitag, 16. Mai 2025

EU-Alternativen zu US-Diensten

Anlässlich des Zollstreits mit den USA wird zur Zeit über Alternativen zu US-Anbietern bei Dienstleistungen diskutiert. Es gibt sie, aber (warum) werden sie auch genutzt?

EU-Alternativen zu US-Diensten

In der Süddeutschen Zeitung beschreiben Meike Schreiber, Simon Berlin und Nils Heck Alternativen.

Paypal: Gibt es auch auf europäisch

Bisherige Versuche waren nicht erfolgreich. Mit der neuen Zahlungs-App Wero gibt es nun eine Alternative. Der Dienst ermöglicht es, Geld ohne Iban zu senden und zu empfangen – allein mithilfe einer Telefonnummer oder E-Mail-Adresse, so wie bei Paypal. Ob der Durchbruch gelingt, hängt davon ab, ob Kunden die App nutzen und Onlineshops dieses Verfahren akzeptieren.

Whatsapp: Threema bietet Schweizer Diskretion und Sicherheit

Mit Instagram, Facebook und Whatsapp kontrolliert Meta drei der weltweit wichtigsten Kommunikationsplattformen. Die Chats auf WhatsApp verschlüsselt, landen aber auf den Servern. Eine datensparsamerer Messengerdienst ist der US-Dienst Signal. Der Schweizer Messenger Threema bietet sogar noch etwas mehr Anonymität, kostet aber einmalig sechs Euro  ein geringer Preis für mehr Privatsphäre.

Mastercard und Visa: Die Girocard ist günstiger

Mastercard und Visa dominieren den Markt, in Deutschland gibt es aber mit der Girocard, hinter der die deutsche Kreditwirtschaft steht. Für Händler ist es günstiger, wenn Kunden mit der Girocard statt Visa- oder Mastercard bezahlen. Schwieriger ist es im Internet, wo die Karte ebenso wie im nichteuropäischen Ausland häufig nicht akzeptiert wird.

Google Translate: Das Kölner Start-up DeepL ist die Alternative

Das Kölner Start-up DeepL hat sich aufgrund technischer Überlegenheit zu einem Milliarden-Start-up mit mehr als 900 Mitarbeitern entwickelt, das den Vergleich mit Google nicht scheuen muss. Es ist ähnlich gut und manchmal sogar präsziser, beherrscht aber mit 33 Sprachen noch nicht so viele wie die US-Konkurrenz. Mit Einschränkung funktioniert die ÜBesetzung kostenlos, für zahlende Kunde werdne die Daten nicht gespeichert.

Gmail: Mailbox und Posteo erleichtern den Abschied von Google

Die deutschen Anbieter Mailbox und Posteo bieten günstige, sichere und datenschutzfreundliche Postfächer. Beide Dienste kosten in der Grundversion einen Euro pro Monat, sind werbefrei und legen großen Wert auf Nachhaltigkeit.

E-Books von Amazon: Bibliotheken werden unterschätzt

Bei „Stadtbibliothek“ denken viele an angestaubte Bücher. Es gibt aber viele Bibliotheken, die gegen eine geringe Gebühr Bücher online zur Verfügung stellen.. Auch viele Buchhandlungen sind digitaler als man denkt und verkauft das E-Book zum gleichen Preis wie Amazon.

 

Einer muss den Anfang machen

Nils Heck kommentiert in der Süddeutschen Zeitung die Abhängigkeit von US-Technologien. Es gibt Alternativen, wir müssen Verantwortung übernehmen.

Die meisten Menschen nutzen die Tech- und Finanzkonzerne jeden Tag und haben bisher kaum über die Nachteile dieser Abhängigkeit nachgedacht. Mit der Wahl von Donald Trump hat sich dies geändert – es ist von digitaler Souveränität die Reden. Die Alternativen gibt es, aber nun müssen Taten folgen. Jemand muss anfangen, die europäische Alternative nutzen und andere auffordern zu folgen. Nur wenn Leute folgen, kann sich die alternative Lösung durchsetzen. „Jeder Einzelne zuerst, egal, was die anderen machen und was die Masse macht.

Der Wechsel ist nicht immer möglich, z.B. wenn das eigene Unternehmen andere Lösungen nutzt, auch für soziale Meiden und Navigation gibt es derzeit keine gleichwertigen Alternativen. In vielen Bereichen gibt es sie aber: Die Menschen müssen eben nur aufhören, davon zu reden. Und endlich machen.

Mittwoch, 30. April 2025

Wann Zölle Sinn ergeben – und warum sie trotzdem falsch sind

Lea Hampel schreibt in der Süddeutschen Zeitung über Zölle – wann sie Sinn ergeben und warum sie trotzdem falsch sind.

Entweder wir exportieren Waren, oder wir exportieren Menschen

Am Anfang nennt Hampel ein Zitat, das man auch in der heutigen Zeit erwarten könnte. Es kommt aber vom deutschen Reichskanzler Graf von Caprivi, der die Forderung nach Freihandel mit dem Satz: „Entweder wir exportieren Waren, oder wir exportieren Menschen“ begründete
In den Jahrhunderten davor haben Zölle immer eine wichtige Rolle gespielt: Großbritannien baute seine Vormachtstellung ab dem 15. Jahrhundert durch Zölle auf – und verzichtete, als es sich Freihandel leisten konnte. Die USA und von Caprivis Vorgänger Bismarck machten es ähnlich.

Zölle können sinnvoll sein

Der Cambridge-Ökonom nennt dies das „protektionistische Jahrhundert“. Unter den Zöllen hat auch die eigene Bevölkerung gelitten, unter anderem durch Hohe Brotpreise. Für den Historiker Jan-Otmar Hessen können Zölle für neu entstehende Industrien sinnvoll sind, solange sie nicht wettbewerbsfähig sind. Ebenso müssen die Zölle so bald wie möglich wieder abgeschafft werden. Außerdem drohen Gegenzölle und Investitionsunsicherheit. Für Trumps Zölle gilt dies nicht: er will alte Industrien zurückholen und sie wohl auch nicht abschaffen.

Trump holt Zölle aus der handelspolitischen Trickkiste zurück

Durch das Gatt-Abkommen wurde der internationale Handel nach dem 2. Weltkrieg geregelt und waren der Baustein eines globalen Wachstums und komplexer internationaler Produktionsketten.
Zölle waren lange Zeit kein Mittel für Handelskonflikte, wohl aber Quoten oder Subventionen. Es gibt mehrere Gründe, warum die USA nun wieder auf Zölle zurückgreift. Sie schwächen den Dollar, sind einfach und symbolträchtig. Sie verwenden Maßnahme einer alten, vermeintlich guten Zeit. Historiker Hesse nennt dies ein nationalistische Spektakel.

Zölle als populistisches Mittel – schon bei von Caprivi

Zölle funktionierten bereits bei Reichskanzler von Caprivi als populistisches Mittel. Von Caprivri lieferte mit seinem Zitat zwar den Grundstein für die deutsche Identität als Exportweltmeister. Aber er musste zurücktreten wegen des großen Widerstands der Unternehmerschaft. „Der Shitstorm und der Lobbyismus, sie sind nun mal ebenso wenig moderne Erfindungen wie der Protektionismus“.

Donnerstag, 20. März 2025

Babyboomer müssen für die Aufrüstung mitbezahlen

Lisa Nienhaus kommentiert in der Süddeutschen Zeitung das Schuldenpaket der neuen Regierung. Sie fordert: Babyboomer müssen für die Aufrüstung mitbezahlen, denn die junge Generation wird zu sehr belastet.
 

Neue Schulden belasten die nächste Generation

Die neue Regierung plant Schulden in Höhe von einer Billion Euro. Diese kommen zu den 2,5 Billionen bestehenden Schulden hinzu. Das ist eine Steigerung, für die das Land zuletzt 20 Jahre gebraucht hatte - inklusive Finanz- und Corona-Krise. Es ist ein irres großes Paket, Wahrscheinlich zu groß, meint die Autorin. Zwar kann man argumentieren, dass Deutschland mehr Geld in die Verteidigung steckt – aber warum über Schulden? Die Alten werden durch die neue Regierung durch eine höhere Mütterrente und bessere Zuverdienstmöglichkeiten für Rentner ohnehin bevorzugt.

Es ist erstaunlich, wie wenig Protest von den Jungen kommt

Die jüngere Generation steckt in der Klemme: Durch Zinszahlungen werden ihre Spielräume geringer, gleichzeitig führen die Renten zu weiteren Engpässen: Die Babyboomer gehen nun in Rente und immer weniger Jüngere sind da, um das Geld dafür zu erarbeiten.
Erstaunlich leiste ist bisher der Protest, lediglich die Junge Union protestierte. Die Grünen konnten die sicherstellen, dass es beim Schuldenpaket um „zusätzliche“ Investitionen handelt. Aufschnüren lässt sich das Paket kaum mehr, man sollte allerdings genau hinschauen, was mit den Milliarden passiert.

Die Rentnergeneration soll zahlen

Kaum eine Generation hat so profitiert wie die Älteren. Sie haben in Frieden gelebt, haben es aber schleifen lassen, wenn es um die Sanierung von Straßen und Brücken gehen. Sie sollten jetzt ihren Anteil leisten, z.B. durch einen Steueraufschlag, wie es ihn bei der Wiedervereinigung gab. Man könnte die Renten an die Inflation, statt an die Lohnsteigerung. Wenn die Regierung unbedingt die Mütterrente erhöhen will, sollte sie das Geld bei der aktuellen Rentnergeneration holen. Allerdings hat die Autorin Zweifel, ob die bald Regierenden wie Friedrich Merz, 69, Saskia Esken, 63, und Markus Söder, 58 ihren Anteil leisten werden.

Freitag, 14. Februar 2025

Freihändler aller Länder, vereinigt euch

Jan Diesteldorf betont in der Süddeutschen Zeitung, dass gegen den Zollstreit mit Trump nur eins hilft: Freihändler aller Länder, vereinigt euch

Das Schlimmste trat ein

Die EU hatte noch gehofft, dass es nach Trumps Amtsantritt vielleicht nicht so schlimm wird, doch er tat was er versprochen hatte: Zölle gegen Mexiko, Kanada und China. Auch Europa hat er im Visiert: Es sei eine „Grausamkeit“, was die Partner auf dem alten Kontinent den USA angetan hätten, sagt Trump. Die Europäer betonen, dass sie vorbereitet sind . bloß keine Schwächen zeigen. Zurecht verweist die EU auf den Binnenmarkt mit 450 Millionen Menschen, der auch für die US-Unternehmen unverzichtbar ist.

Trumps Erpressungsmittel: Europas Sicherheit, IT und der Dollar

Trump verfügt jedoch über ein ultimatives Erpressungsmittel: die Sicherheitsgarantien für die europäischen Nato-Partner. Auch im IT-Bereich ist Europa abhängig: Software, Cloud-Dienste, Online-Plattformen – Trump könnte einfach den Stecker ziehen. Hinzu kommt die Dominanz des Dollars. Trump ist ein Geschäftsmann, aber es ist wie bei Mafia-Geschäften: Man kann mit diesen Leuten verhandeln, aber man hat nie viel zu gewinnen und schon gar nichts einzufordern.
Die EU könnte anbieten, mehr verflüssigtes Gas und Kriegswaffen zu kaufen, möglicherweise auch die Regulierung von Onine-Plattformen.

Mit Freihändlern zusammentun

Der Autor sieht aber noch einen anderen Weg: sich mit Ländern zusammentun, die etwas für Handel übrig haben: Großbritannien, Kanada, Japan, Australien und Neuseeland, mit Mexiko, den Mercosur-Staaten Südamerikas oder gar Indien. SO könnte Europa seine Schwäche kompensieren und Trump einheben. Die EU muss die Struktur ihrer Partnerschaften verändern und ihre externen Abhängigkeiten verringern: Das hört man in Brüssel oft, seit Jahren. Jetzt ist es an der Zeit, dies umzusetzen.

Sonntag, 19. Januar 2025

Die Wahrheit über unsere Rente

Der Titel der ZDF-Dokumentation „Die Wahrheit über unsere Rente“ ist zwar etwas reißerisch, und bisweilen etwas plakativ, wie Harald Hordych in der Süddeutschen Zeitung  anmerkt, interessant und informativ ist sie allemal.

Boomer gehen in Rente

Die geburtenstarke Generation der Babyboomer – rund 14,5 Millionen – gehen in den nächsten Jahren in Rente. Die Gruppe der Rentner wird so stark und schnell wachsen, wie nirgendwo sonst auf der Welt. Das Modell des Generationenvertrags wird in der bisherigen starren Form keine Zukunft haben.

Wirtschaftsweisen mahnen Reformen an

In der Dokumentation werden drei Wirtschaftsweise, die sich einig sind: Das bisherige Rentensystem, das darauf basiere, dass die Jüngeren mit ihren Rentenbeiträgen die Rente der Älteren finanzieren, „kann so nicht mehr funktionieren, das war komplett vorhersehbar“. Bereits jetzt muss der Staat zu den 282 Milliarden aus Rentenbeiträgen 112 Milliarden Steuergelder zuschießen.

Andere Länder machen es besser

Ein Blick auf andere Länder zeigt, wie es besser geht:

  • In Japan arbeiten die Menschen länger. Im Bereich wird aufgezeigt, wie über 60-Jährige vermittelt werden.
  • In Schweden wird ein Teil der Rentenbeiträge in Aktienfonds angelegt, mit hohen Renditen.
  • In Österreich zahlen Beamte, Selbständige und Angestellte in eine gemeinsame Rentenkasse ein.


Vorsicht vor allzu simplen, vermeintlichen Wahrheiten

Harald Hordych kritisiert die teilweise zu plakativen Beispiele des Films, so eine Ehepaar, dass es sich auf einer Kreuzfahrt gut gehen lässt. Auch der Moderator warnt vor allzu simplen, vermeintlichen Wahrheiten. Das zeigen auch Umfragen: nur 17 % wollen länger arbeiten, 18 % fordern höhere Beiträge. Die größte Zustimmung erhielt die Forderung, die Renten sollten langsamer steigen. Ob dies angesichts 40 % von Wähler*innen über 60 Jahre realistisch ist, wird sich zeigen. Es muss aber eine Lösung geben, die nicht nur auf Kosten der kommenden Generationen gehen.

Donnerstag, 16. Januar 2025

Eine Steuerreform, die Vorschläge der Parteien kombiniert?

Claus Hulverscheidt analysiert in der Süddeutschen Zeitung die Steuerkonzepte der Parteien im Wahlkampf. Er fordert die Kombination der Reformideen – so könnte ein schlüssiges Konzept entstehen.

Jahrzehntelanger Reformstau

Der Autor beklagt, dass jahrelang nichts passiert ist. Die letzten Minister, denen große Würfe gelangen, waren in den Nullerjahren die Herren Hans Eichel und Peer Steinbrück. Trotz vieler Ankündigungen hat Christian Lindern nicht viel beigetragen, da er sich durch eine kategorisches Nein zu allen Steuererhöhungen Handlungsspielräume verspielt hat.
 

Reichtum ist für den deutschen Fiskus offensichtlich keine Kategorie

Die Unternehmenssteuern sind im Vergleich ziemlich hoch, ein Grund warum Firmen schon aus steuerlichen Gründen zögern, in Deutschland zu investieren. Gleichzeitig ist Reichtum im deutschen System keine Kategorie. Nur drei Prozent des Steueraufkommen stammen aus „vermögensbezogenen Abgaben“ – in den USA und Großbritannien ist die Werte viermal so hoch.

Ideen nicht finanzierbar – oder zu zaghaft

Die Konzepte von Union, FDP und AfD sind zwar umfassend, aber nicht finanzierbar
Viele Vorschläge im Wahlkampf hält der Autor für sinnvoll, so ein höherer Grundfreibetrag und die Beseitigung des „Mittelstandsbauchs“, der vor allem untere Einkommensbereiche benachteiligt. In eine ähnliche Richtung gehen die Vorschläge wie Steuergutschriften für Niedrigverdiener oder Prämien für Investitionen. Das Problem ist: Die Konzepte von Union, FDP und AfD sind zwar umfassend, aber nicht finanzierbar, umgekehrt sind SPD, Grüne und BSW zu zaghaft.

Nötig ist ein Best-of

Der Autor hält deshalb eine Kombination für nötig: niedrigere Einkommensteuersätze im unteren und mittleren Bereich, ergänzt um eine Verringerung der Sozialbeiträge. Geringverdiener zahlen wenig Steuern, Steuersenkungen bringen ihnen also nicht viel. Einher gehen sollte dies mit einer Investitionsprämie und einer Senkung der Unternehmersteuerlast. Nicht die Ungleich der Einkommen ist das Problem, sondern die wachsende Ungleichheit der Vermögen. Deshalb sollten die Privilegien bei der Einkommenssteuer gestrichen und eine Vermögenssteuer erhoben werden. Schon eine maßvolle Belastung der 20 000 reichsten Deutschen – das sind Menschen mit mehr als 30 Millionen Euro Vermögen – brächte dem Staat pro Jahr eine zweistellige Milliardensumme ein.

Mathematische und moralische Defizite bei Union und FDP

Wenig begeistert ist der Autor von der Idee von Union und FD, das Geld statt bei den Reichen bei den Armen wieder reinzuholen. Dies zeugt von eklatanten mathematischen wie moralischen Defiziten.
Selbst wenn der Sozialmissbrauch eingedämmt wird, reicht die Summe nicht ansatzweise aus, um Einnahmeausfälle in zwei- oder gar dreistelliger Milliardenhöhe auszugleichen. Anbiederung an die AfD ist halt noch kein Steuerkonzept.

Dienstag, 14. Januar 2025

Ohne Tabubrüche wird es nicht gehen

Michael Sauga kritisiert im SPIEGEL die Wahlprogramme, die keine Antwort auf die Wirtschaftskrise liefert. Er fordert, dass sich alle Parteien von Glaubenssätzen verabschieden.

Führen große Versprechen wieder zum kleinsten gemeinsamen Nenner

Die CDU verspricht eine gigantische Steuersenkung für alle, ohne die Finanzierung aufzuzeigen. SPD und Grüne wollen eine Vermögenssteuer, die nicht ausreichen würde. Zu befürchten ist, dass es wieder auf den kleinsten gemeinsamen Nenner rausläuft, vor allem wenn die CDU in ihrem Programm eisern zur Schuldenbremse bekennt. Am Ende könnte zum Tausch zusätzlicher Sozialleistungen herauslaufen: die Mütterrente der CSU gegen die Garantierente der SPD.

Grundsätzliche Fehlsteuerung im System

Lagerübergreifende Koalition führten 1966 und 2005 mit der Erhöhung der Altersgrenze für Renten zu großen Reformen. Die großen Koalitionen unter Angela Merkel haben dies nicht geschafft: von den zwischenzeitlich vorhandenen Reserven in dreistelliger Milliardenhöhe heute so gut wie nichts mehr übrig ist.

Beide Seiten müssen umdenken

Der Autor fordert beide Seiten zum Umdenken auf: Die Union muss akzeptieren, dass eine Steuersenkung für Arbeit und Investitionen ohne vorübergehend höhere Staatsschulden nicht zu haben ist. Das linke Lager sollte einsehen, dass eine Reform der Schuldenbremse zwingend von Reformen am Arbeitsmarkt und im Sozialsystem begleitet werden muss.
Ohne mehr Beschäftigung würde der Impuls steigender staatlicher Investitionsausgaben in höheren Preisen und Zinsen verpuffen.

Umdenken auch beim Arbeitskräftepotenzial

Auch beim Arbeitsmarkt fordert der Autor ein Umdenken: Vorschläge, wie in der Bundesrepublik wieder mehr qualifizierte Beschäftigung geschaffen werden kann, liegen seit Langem vor. Das Münchner Ifo-Institut hat gezeigt, wie Wohngeld, Kinderzuschlag und Bürgergeld beschäftigungsfördernd umgebaut werden können, ohne ihren sozialen Gehalt zu verlieren.
Die politischen Lager müssen umdenken: Die Union muss Abstriche bei Ehegattensplitting oder Minijobs akzeptieren, SPD und Grüne dürfen Rente mit 63 nicht länger für unantastbar erklären.

Letzte Chance für die politische Mitte

Denn klar ist auch: Diese Wahl könnte die letzte Chance für die Kräfte der politischen Mitte werden. Wenn es der nächsten Koalition nicht gelingt, die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen, könnte sich tatsächlich jener Abgrund auftun, von dem Populisten wie Elon Musk oder Alice Weidel bislang nur schwadronieren.