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Sonntag, 19. Januar 2025

Die Wahrheit über unsere Rente

Der Titel der ZDF-Dokumentation „Die Wahrheit über unsere Rente“ ist zwar etwas reißerisch, und bisweilen etwas plakativ, wie Harald Hordych in der Süddeutschen Zeitung  anmerkt, interessant und informativ ist sie allemal.

Boomer gehen in Rente

Die geburtenstarke Generation der Babyboomer – rund 14,5 Millionen – gehen in den nächsten Jahren in Rente. Die Gruppe der Rentner wird so stark und schnell wachsen, wie nirgendwo sonst auf der Welt. Das Modell des Generationenvertrags wird in der bisherigen starren Form keine Zukunft haben.

Wirtschaftsweisen mahnen Reformen an

In der Dokumentation werden drei Wirtschaftsweise, die sich einig sind: Das bisherige Rentensystem, das darauf basiere, dass die Jüngeren mit ihren Rentenbeiträgen die Rente der Älteren finanzieren, „kann so nicht mehr funktionieren, das war komplett vorhersehbar“. Bereits jetzt muss der Staat zu den 282 Milliarden aus Rentenbeiträgen 112 Milliarden Steuergelder zuschießen.

Andere Länder machen es besser

Ein Blick auf andere Länder zeigt, wie es besser geht:

  • In Japan arbeiten die Menschen länger. Im Bereich wird aufgezeigt, wie über 60-Jährige vermittelt werden.
  • In Schweden wird ein Teil der Rentenbeiträge in Aktienfonds angelegt, mit hohen Renditen.
  • In Österreich zahlen Beamte, Selbständige und Angestellte in eine gemeinsame Rentenkasse ein.


Vorsicht vor allzu simplen, vermeintlichen Wahrheiten

Harald Hordych kritisiert die teilweise zu plakativen Beispiele des Films, so eine Ehepaar, dass es sich auf einer Kreuzfahrt gut gehen lässt. Auch der Moderator warnt vor allzu simplen, vermeintlichen Wahrheiten. Das zeigen auch Umfragen: nur 17 % wollen länger arbeiten, 18 % fordern höhere Beiträge. Die größte Zustimmung erhielt die Forderung, die Renten sollten langsamer steigen. Ob dies angesichts 40 % von Wähler*innen über 60 Jahre realistisch ist, wird sich zeigen. Es muss aber eine Lösung geben, die nicht nur auf Kosten der kommenden Generationen gehen.

Donnerstag, 16. Januar 2025

Eine Steuerreform, die Vorschläge der Parteien kombiniert?

Claus Hulverscheidt analysiert in der Süddeutschen Zeitung die Steuerkonzepte der Parteien im Wahlkampf. Er fordert die Kombination der Reformideen – so könnte ein schlüssiges Konzept entstehen.

Jahrzehntelanger Reformstau

Der Autor beklagt, dass jahrelang nichts passiert ist. Die letzten Minister, denen große Würfe gelangen, waren in den Nullerjahren die Herren Hans Eichel und Peer Steinbrück. Trotz vieler Ankündigungen hat Christian Lindern nicht viel beigetragen, da er sich durch eine kategorisches Nein zu allen Steuererhöhungen Handlungsspielräume verspielt hat.
 

Reichtum ist für den deutschen Fiskus offensichtlich keine Kategorie

Die Unternehmenssteuern sind im Vergleich ziemlich hoch, ein Grund warum Firmen schon aus steuerlichen Gründen zögern, in Deutschland zu investieren. Gleichzeitig ist Reichtum im deutschen System keine Kategorie. Nur drei Prozent des Steueraufkommen stammen aus „vermögensbezogenen Abgaben“ – in den USA und Großbritannien ist die Werte viermal so hoch.

Ideen nicht finanzierbar – oder zu zaghaft

Die Konzepte von Union, FDP und AfD sind zwar umfassend, aber nicht finanzierbar
Viele Vorschläge im Wahlkampf hält der Autor für sinnvoll, so ein höherer Grundfreibetrag und die Beseitigung des „Mittelstandsbauchs“, der vor allem untere Einkommensbereiche benachteiligt. In eine ähnliche Richtung gehen die Vorschläge wie Steuergutschriften für Niedrigverdiener oder Prämien für Investitionen. Das Problem ist: Die Konzepte von Union, FDP und AfD sind zwar umfassend, aber nicht finanzierbar, umgekehrt sind SPD, Grüne und BSW zu zaghaft.

Nötig ist ein Best-of

Der Autor hält deshalb eine Kombination für nötig: niedrigere Einkommensteuersätze im unteren und mittleren Bereich, ergänzt um eine Verringerung der Sozialbeiträge. Geringverdiener zahlen wenig Steuern, Steuersenkungen bringen ihnen also nicht viel. Einher gehen sollte dies mit einer Investitionsprämie und einer Senkung der Unternehmersteuerlast. Nicht die Ungleich der Einkommen ist das Problem, sondern die wachsende Ungleichheit der Vermögen. Deshalb sollten die Privilegien bei der Einkommenssteuer gestrichen und eine Vermögenssteuer erhoben werden. Schon eine maßvolle Belastung der 20 000 reichsten Deutschen – das sind Menschen mit mehr als 30 Millionen Euro Vermögen – brächte dem Staat pro Jahr eine zweistellige Milliardensumme ein.

Mathematische und moralische Defizite bei Union und FDP

Wenig begeistert ist der Autor von der Idee von Union und FD, das Geld statt bei den Reichen bei den Armen wieder reinzuholen. Dies zeugt von eklatanten mathematischen wie moralischen Defiziten.
Selbst wenn der Sozialmissbrauch eingedämmt wird, reicht die Summe nicht ansatzweise aus, um Einnahmeausfälle in zwei- oder gar dreistelliger Milliardenhöhe auszugleichen. Anbiederung an die AfD ist halt noch kein Steuerkonzept.

Dienstag, 14. Januar 2025

Ohne Tabubrüche wird es nicht gehen

Michael Sauga kritisiert im SPIEGEL die Wahlprogramme, die keine Antwort auf die Wirtschaftskrise liefert. Er fordert, dass sich alle Parteien von Glaubenssätzen verabschieden.

Führen große Versprechen wieder zum kleinsten gemeinsamen Nenner

Die CDU verspricht eine gigantische Steuersenkung für alle, ohne die Finanzierung aufzuzeigen. SPD und Grüne wollen eine Vermögenssteuer, die nicht ausreichen würde. Zu befürchten ist, dass es wieder auf den kleinsten gemeinsamen Nenner rausläuft, vor allem wenn die CDU in ihrem Programm eisern zur Schuldenbremse bekennt. Am Ende könnte zum Tausch zusätzlicher Sozialleistungen herauslaufen: die Mütterrente der CSU gegen die Garantierente der SPD.

Grundsätzliche Fehlsteuerung im System

Lagerübergreifende Koalition führten 1966 und 2005 mit der Erhöhung der Altersgrenze für Renten zu großen Reformen. Die großen Koalitionen unter Angela Merkel haben dies nicht geschafft: von den zwischenzeitlich vorhandenen Reserven in dreistelliger Milliardenhöhe heute so gut wie nichts mehr übrig ist.

Beide Seiten müssen umdenken

Der Autor fordert beide Seiten zum Umdenken auf: Die Union muss akzeptieren, dass eine Steuersenkung für Arbeit und Investitionen ohne vorübergehend höhere Staatsschulden nicht zu haben ist. Das linke Lager sollte einsehen, dass eine Reform der Schuldenbremse zwingend von Reformen am Arbeitsmarkt und im Sozialsystem begleitet werden muss.
Ohne mehr Beschäftigung würde der Impuls steigender staatlicher Investitionsausgaben in höheren Preisen und Zinsen verpuffen.

Umdenken auch beim Arbeitskräftepotenzial

Auch beim Arbeitsmarkt fordert der Autor ein Umdenken: Vorschläge, wie in der Bundesrepublik wieder mehr qualifizierte Beschäftigung geschaffen werden kann, liegen seit Langem vor. Das Münchner Ifo-Institut hat gezeigt, wie Wohngeld, Kinderzuschlag und Bürgergeld beschäftigungsfördernd umgebaut werden können, ohne ihren sozialen Gehalt zu verlieren.
Die politischen Lager müssen umdenken: Die Union muss Abstriche bei Ehegattensplitting oder Minijobs akzeptieren, SPD und Grüne dürfen Rente mit 63 nicht länger für unantastbar erklären.

Letzte Chance für die politische Mitte

Denn klar ist auch: Diese Wahl könnte die letzte Chance für die Kräfte der politischen Mitte werden. Wenn es der nächsten Koalition nicht gelingt, die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen, könnte sich tatsächlich jener Abgrund auftun, von dem Populisten wie Elon Musk oder Alice Weidel bislang nur schwadronieren.